Schottland - MIT E-BIKE UND ZELT - SOMMER 2022
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Carnigorns

Tag 19 -Loch Einich in den Carnigorns - 27. August 2022

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Heute ist Ruhetag. Als ich etwas später aus dem Zelt schlüpfe, bekomme ich von einer älteren Dame einen Tee mit Biskuit angeboten. Sie lebt zurzeit hier im Zelt und arbeitet im Naturpark. Ihr Job ist es, darauf zu achten, dass die Touristen sich benehmen und ihre Hunde korrekt benutzen.

Ab zum Lebensmittelhändler meines Vertrauens ins 4 km entfernte Aviemore. Es gibt keine Milch beim Aldi. Nur die zwei Liter Familienpacks. Na sowas. Als Alternative fällt mir Bier ein, aber das wird mir an der Kasse wieder abgenommen. Ich hatte so gehofft, dass die Kassiererin meinen Ausweis sehen will, denn erst ab 26 darf man diese sündhaften Getränke kaufen. Aber ich war einfach zu früh. In Schottland gibt’s Alkohol erst ab 10:00 Uhr.

Das kann meinen zwei Zeltnachbarn nicht passieren. Hier ist großes Harley-Treffen und die beiden Knaben kamen 3:00 Uhr nachts vom Festival und haben vor meiner Haustür weiter Party gemacht. Jetzt bei meinem zweiten Frühstück kommen Schnarchgeräusche aus dem Rockerzelt, die ihren Maschinen doch sehr ähneln.
Heute ist Putz-, Näh-, Repariertag. Das Problem mit dem Fahrradständer ist konserviert. Jeden Abend ziehe ich die Schrauben eine viertel Umdrehung fester, dafür fällt er aber auch nicht ab.
Und einen kleinen Ausflug gibt es mit 12 km zum Loch Einich. Eine wunderschöne einsame Landschaft mit einem von hohen Bergen umrahmten See.
Morgen geht es mitten durch die Carnigorns. Es wird noch mal richtig anstrengend, da fast alles auf Waldwegen verläuft. Ich habe eine 2 km Schiebestrecke und leider erst ganz am Ende geht es über einen Bach. Sollte sich das als ausgereifter Fluß herausstellen, muss ich 25 km zurück und meinen letzten Jokertag ziehen. Es hat aber wenig geregnet die letzten Tage, so dass es passen müsste.

Alterstechnisch denken viele Menschen von sich, dass diese Angelegenheit einer gewissen Stagnation unterworfen ist. Bei mir ist das allerdings wirklich so. Obwohl ich konstatieren muss, dass die Damen, die junger Mann zu mir sagen, doch deutlich älter werden.

Tag 20 - Carnigorns: vom Aviemore nach Braemar - 28. August 2022

Da liegt ein Bergsee tief zwischendrin, der Lochan Uaine. Drei junge Kerle haben da ihr Zelte aufgebaut und ihr Lagerfeuer brennt schon am frühen Morgen. Die drei sitzen schweigsam drumherum und ein jeder ist in tiefer Kontemplation in sein Smartphone vertieft. Oh die Jugend.
Von Aviemore geht es auf feinen Waldwegen durch die Heidelandschaft. Die Sonne arbeitet sich durch den Nebel und dann ist T-Shirt angesagt. Bis Tomintoul ist das alles gut fahrbar und von dort geht es ab für 35 km durch ein Tal, das hoffentlich mich passieren läßt. Vorher gibt’s im kleinen Sparladen noch einen Cappuccino.
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Ich treffe dreimal Mountainbiker oder Wanderer und frage jeweils, ob man nach Braemar durch kommt. Ich bekomme drei unterschiedliche Antworten. Die jungen Mountainbiker haben zwar nasse Füße bekommen, konnten aber alles radeln. Das ältere Ehepaar hingegen wollte nicht über einen der Flüsse radeln und ist umgekehrt.
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Ich habe auch nasse Füße bekommen, musste ein paar Kilometer schieben, aber angekommen bin ich. Erstmal an einem See, dem Loch Builg. Hier gibt’s Tortellini, kann ich gleich im See Geschirr spülen.
Mein Löbel ist zerbrochen. Jetzt wird es schwierig mit dem Müsli essen. Dafür habe ich jetzt Löffel UND Gabel. Vielleicht lasse ich beim nächsten Tearoom einen Löffel mitgehen.

Die Landschaft ist eigen. Arg karg. Am See kommen die Wolken und es fängt zu schütten an. Schnell alles wasserdicht verpacken. Regenjacke, Regenhose, Überschuhe, die Plastikhaube für den Ledersattel, die Packtaschenverschlüsse nochmal fest ziehen. Schotten dicht. Sagt man das so?
Triefend nass komme ich in Braemar an und möchte mich erstmal mit einem Cappuccino aufwärmen und etwas trocknen. Vom Tearoom kann man direkt in einen Outdoorladen laufen. Deswegen habe ich dort trockenen Fußes eben noch einen Löffel besorgt. Da hat der Tearoom aber Glück gehabt, dass es den Löffel nicht abgeben musste.
Der Camping in Braemar ist funktionell. Es gibt eine Trockenkammer und eine Sofaecke. Beides wird von mir besetzt, draußen ist höchste Midges-Alarmstufe.

​Tag 21 - Aberfeldy - 29. August 2022

Es wird heute nicht hell. Die Wolken hängen tief und beim ersten Pass heute geht es mitten durch die neblige Suppe. Es soll mit 770 m der höchste Pass in ganz Great Britain sein, steht irgendwo geschrieben. Meine ursprüngliche Route muss ich schnell aufgeben. Der Bach ist zu groß und die Brücke schon lange nicht mehr vorhanden. Der nächste Versuch von der großen Straße wegzukommen, scheitert an umgefallenen Bäumen. Blöderweis schlitze ich mir dabei die Außentasche meiner Hinterradtasche auf. Da kann ich heute lange flicken und nähen.
Es geht runter von den Carnigorns. Die Landschaft ist nicht mehr so weitläufig, aber irgendwie auch netter.
Ich bin nach 100 km schon früher Nachmittag in Aberfeldy auf dem Zeltplatz. Jedes Mal muss ich um Strom bitten, um meine Akkus aufzuladen. Oft gibt es irgendwo z. B. bei den Waschmaschinen eine Steckdose oder ich bediene mich frech bei den großen Parzellen mit Stromanschluß. Dann darf es aber nicht regnen, weil meine 17 Geräte im Gras liegen. Diesmal funktionert nichts und deshalb muss ich den Mann in der Rezeption bitten, unter seinem Schreibtisch die Kabel zu verlegen.
Und wie habe ich geflickt? Wird das halten? Mein Zwirn ist fast aufgebraucht. Habe nicht ganz die richtige Farbe gehabt.
Auf dem Zeltplatz stehen über 100 Campingbusse und Anhänger. Fast komplett voll, und eine Zeltwiese für drei Motorradfahrer und meine Radsamkeit. Abends um acht sieht man so manchen Fernseher laufen in den Plastikboxen, aber es ist kein Mensch zu sehen oder zu hören. Absolutes Nichts. Auch in den Duschen niemand. In fünf Wochen geht der Platz in die Winterpause, weil es wegen des Flusses zu gefährlich wird. Da ist hier wohl alles überschwemmt. Das hat mir der nette Junge an der Rezeption erzählt, der sich hier 10 Stunden am Tag so schrecklich langweilt. Bei ihm durfte ich eben auch die Akkus aufladen. Er hatte nur Angst, dass bei den vielen Kabeln und Geräten ihm die Bude abfackelt.
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