www.youtube.com/embedSchottland - MIT E-BIKE UND ZELT - SOMMER 2022
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Tag 10 - nach Norden an der Küste entlang - 18. August 2022

Der Morgen beginnt mit Nieselregen. Die Regenklamotten helfen auch gegen die Kälte. Ich probiere bei dem Wechselwetter einige Stimmungen durch und bleibe bei naturtrüb hängen.
Die Strecke geht direkt an der Küste entlang, durch urwaldähnliche Wälder mit hohem Farn und alten Eichen. Es ist nicht unbewohnt. Immer wieder sehe ich Bauernhöfe und schön gepflegte Cottages. Aber es gibt keinerlei Ortschaften mehr.
Alte Friedhöfe und manch verfallenes Gehöft. An einer Wegstelle muss ich das Schild private road ignorieren. Sonst müsste ich 20km zurück.
Der Sinn einer Telefonzelle ist ins Gespräch zu kommen. Eine ältere Frau mit Regenmantel und Hund hat mich an dem schönen, roten Relikt angesprochen und von dem Leben hier draußen erzählt. Vom bösen Großgrundbesitzer, dem die meisten Häuser der Region gehören und sie leer stehen lässt. Und wie es ihr Spaß macht, den alten Mann zu ärgern, indem sie immer durch seinen Garten läuft. Weil es das Right To Walk gibt. Die Kontakte mit den Nachbarn pflegt sie über Instagram und der Coop liefert für 5 Pfund. Letztes Jahr gab es noch eine Poststelle, doch die 85-jährige Postlerin beliebte zu versterben. Zwei Stunden hatte es gedauert eine Briefmarke zu kaufen, weil es vorher eine Prozedur mit Tee und Keksen zu bewältigen gab.
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Nach 85km gibt es wieder ein richtiges Dorf, das putzige Hafenidyll Crinan. Über Schleusen gleiten kleine Segelschiffe in den geschützten Bereich und in einen Kanal. Das kann ich direkt vom Café aus beobachten, dem eigentlichen Zentrum der Zivilisation. Es gibt diese typischen scones, mit zwei Portionen Butter und Marmeladeglas.
Kilmartin ist ein Begriff für alle Fans von Steinkreisen und stehenden Steinen. Es gibt sie hier in den unterschiedlichsten Darreichungsformen. Ich klappere alle ab, hole mir mein Stempelchen und denke, was für ein Banause ich bin.
Jetzt geht's zur Drachenhöhle und ich bin gespannt auf meine Schlafgelegenheit. Ich werde klatschnass ankommen.
Genauso habe ich sie mir vorgestellt. Ich bin sooo freundlich und trallala. Tendenz zur Unterwürfigkeit. Nein, Ein-Bett-Zimmer gibt's nicht mehr. Eigentlich erstaunlich, da ich ganz offensichtlich der einzige Gast in diesem Hostel bin. Ich komme in vollstem Regen an und könnte für 12 Euro campen. Ich entschließe mich ganz schnell für das Doppelzimmer, damit die Laune nicht kippt.
Pluspunkt ist aber, dass ich das eingeweichte Fahrrad bis vor die Zimmertüre schieben kann. Es ist so schmuddelig alles, dass das bisschen Fahrrad auch nichts mehr ändert. Ich werde heute Nacht von innen abschließen.
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Ich habe mal zur Orientierung die Karte abfotografiert. Strecke 7 war heute. Rotes Dreieck ist Übernachten. Morgen habe ich eine Sahnestrecke, wenn alles gut geht. Und bitte nicht ganz so einen starken Regen. Der nächste Zeltplatz ist 135km entfernt. Das ist Strecke 8. Das kann und will ich gar nicht am Stück fahren, sondern im Glen Kinglass frei Zelten. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit meinem Lastenrad da durch komme. Die Straße wird immer schmaler und ist irgendwann ein Wanderweg. Glen ist übrigens das Tal und Loch der See. Merkt euch das, besser wärs.

Tag 11 - Zelten im Glen Kinglass - 19. August 2022

Ich darf mir Frühstück machen in der Küche des Hostels. Es ist außer mir niemand da und ich greife beherzt zu den Cornflakes. Es ist auch Brot ohne Aufstrich im Angebot. Ich hätte nur selber nur noch eine Portion Notfall-Nüsse. Irgendwie habe ich mich verkalkuliert mit dem Essen oder einfach zu viel gegessen gestern.
Es geht an dem Loch Awe nach Norden. Die Route verläuft auf einem überwucherten Schotterweg. Niemand ist hier unten am Wasser. Es regnet immer wieder und die Aussicht auf die nächsten zwei Tage ist feucht. Keine schöne Vorstellung, bei Dauerregen in einem einsamen Tal zu übernachten.
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Nach 40 km kommt das Örtchen Taynuilt mit 100 Jahre altem Lebensmittelladen und einem Tea Room. Zuerst will ich trocken und ein bisschen wärmer werden und ich bekomme ein Sandwich zum Cappuccino. Es sind 5 Tische in dem kleinen Raum und ich könnte hier Stunden sitzen. Ich mache meine E-Mails und lade ein paar Bilder bei Instagram und WhatsApp hoch. Jetzt bin ich wahrscheinlich für einen Tag offline.
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Ich sitze am Abend im Zelt, das ich im Glen Kinglass aufgebaut habe. Ich habe es aber nicht über den Pass geschafft, sondern musste den Rückweg antreten. Es hätte allerdings auch schief gehen können.
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Von Taynuilt geht eine wunderschöne Schotterstraße das Tal hoch. Hier könnte man Herr der Ringe drehen ohne Spezialeffekte. Beim letzten Hof hört die Straße auf und es geht in einen Wanderwege über. Es wären 7 km gewesen bis auf der anderen Seite des Passes wieder eine befahrbare Straße gekommen wäre. Ich wäre auch mit 7 km schieben klar gekommen, aber das war nicht das eigentliche Problem. Es geht sehr morastig los. Der Weg ist überschwemmt und ich muss mich querfeldein durchs Gestrüpp schieben. Und dann kommt diese Brücke. Es ist ein 20 cm breites Holzbrett, gehalten von Stahlseilen. Da muss ich drüber. Wenn ich umdrehe, geht der ganze Plan nicht auf. Also alles Gepäck runter vom Rad. Und dann ganz langsam rüber. Am schlimmsten ist die Mitte, weil es da so stark schaukelt. Meine Füße sind zwischen den Reifen und ich kann nur so sehr kleine Schritte machen. Als alles am anderen Ufer ist, denke ich: nie wieder. 2 km kämpfe ich mich weiter, der Weg ist kniehoch überflutet. Ich will nur vermeiden, dass der Motor unter Wasser kommt. Und dann ist Schluss. Der Weg geht direkt auf einen Fluss zu. Ein reisender Strom, der vielleicht unter anderen Bedingungen ein flaches Rinnsal ist. Ende Gelände. Ganz klar, ich muss zurück, nochmals über diese Brücke. Jetzt kommt wie zum Gespött die Sonne raus. 4 Stunden habe ich für die 4 km gebraucht. Ich bin einfach nur bescheuert.

Durch diesen Fluss soll der Weg gehen. Ende Gelände:

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Noch keine Ahnung, wie es morgen weitergeht. Den anvisierten Zeltplatz werde ich mit meinen Restakkus nicht schaffen. Internet ist hier oben nicht.

Tag 12 - Glencoe - 20. August 2022

Ich liege nun 10 Stunden im Zelt und lausche den Regentropfen. Sie werden weniger. Zu meinem anvisierten Zeltplatz sind es jetzt nicht 25 km, sondern etwa 110 km. Meine Batterien dürften für 40 km halten. Das Zentrum meines neuen Plans ist der gestrige Tea Room. Aufwärmen, Aufladen, Internet zum Route finden. Ich müsste mal raus aus dem Zelt, aber die Zeltwand ist grau vor lauter Midges.
Überall fliegen Daunenfedern rum. Ich habe ein Loch im Schlafsack und das gilt es zu nähen. Irgendwann packe ich alles wasserdicht ein, ziehe mein Mückennetz über und raus.
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Ich darf an die Steckdose im Tearoom, um die Akkus aufzuladen und bestelle die Speisekarte von oben runter. Na fast. Drei Cappuccini später ist mir warm, Akkus für 90 km. Die Route ist schnell geplant. Es wird 80 km an der Schnellstraße nach Norden gehen. In der Summe heute 110 km und die Hoffnung, so rechtzeitig anzukommen in Glencoe, um Waschmaschiene und Trockner zu organisieren. Ansonsten komme ich bald in keinen Laden mehr rein. Aber die Welt sieht jetzt schon ganz anders aus. Immerhin halbvolle Akkus und warme Füße.
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Die Mutter aller Porzellankisten ist: das Smartphone. Dieses gab bei dem Regen gestern die Fehlermeldung aus, dass Wasser in der USB - Buchse steckt. Ich kann erstmal nicht laden und auch keine Drohne fliegen. Abends verschwindet die Fehlermeldung und ich stecke das wichtige Ding in die Powerbank. Trotzdem bekommt es keinen Strom und es geht mit 0 Prozent schließlich ganz aus. Ich probiere die zweite Powerbank, auch keine Erleuchtung. Es ist das Kabel, das den Regen nicht überlebte. Es gibt Ersatz und deswegen kann es weitergehen. Aber ich habe keine Lust mehr auf diese Adrenalinspielchen.

Fahrräder und Schotten sind nicht so innig. Es gibt einige Rennradler, fast keine Mountainbiker oder Stadtradler. Trotzdem sind überall Fahrradwege ausgewiesen, indem man die schmalen Fußgängerwege zum Dualuse verurteilt. Aber heute die Strecke von Taynuilt nach Glencoe war wunderbarer Radlerweg abseits der großen Straße. So machen ja die meisten Fahrradurlauber ihre Routen, indem sie ausgeschilderten Strecken abfahren. Da kann man dann auch nicht wegen Überschwemmungen verloren gehen.
Bin mit dem Camping in Glencoe auch wieder im Urlaub angekommen. Ich habe das Stromkabel sogar bis ins Zelt hinein legen können und sitze nun in der Waschküche und schaue meinen sieben Teilen beim Drehen zu.
Und zeige euch modemäßig die neusten Outdoortrends mit Best of Übriggeblieben.
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