Schottland - MIT E-BIKE UND ZELT - SOMMER 2022
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Isle of Arran

Tag 7 - Rundtour durch Arran - 15. August 2022

In der Nacht kam dann das große Gewitter. Es prasselte so aufs Zelt, dass nur das gute Ohropax das Einschlafen ermöglicht. Morgens ist der Zinnober vorbei. Anderswo würde bei den Wassermassen der Boden völlig schlammig werden. Aber in Schottland ist die Erde gewohnt, viel Nässe aufzunehmen und das dichte Gras trägt auch dazu bei, das Wasser verschwinden zu lassen. Mein Fahrrad ist blitzeblank sauber.

Ich bleibe drei Nächte hier auf dem seal shore campsite und will heute eine Rundtour durch die südlichen Teil der Insel machen. Es tröpfelt vor sich hin und ich frage mich die ganze Zeit, ob ich nun die Regenklamotten anziehen soll. Oder ob es nicht eigentlich schon zu spät ist und ich zu nass bin. Um aus der Nummer rauszukommen, ziehe ich mir halt die Plastikhaut über. Beim nächsten Berganstieg komme ich dann so ins Schwitzen, dass ich den teuren Stoff wieder herunter fummele.
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Es geht kurz auf der Ringstraße nach Westen und dann auf einem dornigen Wanderweg hoch in den Wald zu einem traumhaft gelegenen See. Ich bin wie eigentlich immer ganz alleine hier und es ist Zeit für das Frühstück. Am schönsten sieht es aus der Luft aus. Der See im Wald und hintendran das Meer. Und der kleine Mann in Gelb.
Nächste Station wieder auf der Ringstraße liegt das Lagg Velo Cafe. Es ist alles geschlossen. Ich bin auch viel zu früh. Irgendwann entdeckt mich der Wirt beim Zeitungslesen und ich bekomme meinen ersten Cappuccino in Schottland. Das angeschlossene Hotel ist bekannt bis berühmt und hochpreisig. Wie bei vielen Unterkünften in den Highlands muss man ein Jahr im Voraus buchen. Dieses Jahr sparen die Leute. Ein einziges Auto parkt vor dem Hotel.
Hinter jeder Kurve gibt es was zu entdecken. Uralte Kirchen mit den eindrucksvollen Friedhöfen, auf denen nur mannshohe Grabsteine im Boden stecken. Oder alte Cottages mit Blumengärten. Ein Wasserfall liegt auf dem Weg und auch hier ist die beste Sicht mit dem Fluggerät.
Da war dieser Honesty Shop. Selbstbedienung auf Vertrauensbasis. Die eine Tomate sieht wie ein menschliches Körperteil aus und entsprechend habe ich sie fürs Foto drapiert. Lecker sind sie auch.
Gegen 15:00 Uhr gebe ich auf, der Regen ist zu stark und ich radle auf den Camping. Dort gibt es eine Möglichkeit unter einem Dach zu sitzen und ich arbeite die Süddeutsche durch
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Kilmory heißt die Gegen hier. Nur zu eurer Orientierung, falls euch das was sagt.

Tag 8 -weitere Rundtour auf Arran - 16. August 2022

12 Grad heute morgen und die englischen Touristen laufen in T-Shirt über den Campingplatz. Die Kinder rennen barfuß durch das nasse Gras. Nicht mit mir. Das zweite Paar Socken in die Wanderschuhe und über die drei Schichten Pullover kommt die Regenjacke. Ich bin eigentlich nicht so der Naturbursche. Zu Hause habe ich als Frostbeutel im Bett meine Heizdecke, in den Schuhen Heizsocken, und fahre unter 10 Grad möglichst nicht mehr mit dem Fahrrad. Für die tägliche Munddusche wird das Wasser mit Brittafilter aufbereitet und mit der Mikrowelle auf Mundtemperatur vorgewärmte. Keine Ahnung, warum ich unbedingt in dieses unwirtliche Land wollte.
Noch eine Runde durch den Süden von Arran. Ein Giants Grave und vor allem dieser tolle Wasserfall. Hier gibt's breakfast extended, Zeit für Zeitung, solange bis Zeit für Lunch war. Ich kann hier direkt an die Stelle gehen, an der das Wasser 20 Meter nach unten stürzt. An diesem spirituell erhabenen Ort habe ich ausgerechnet, dass der Wasserstrom ausreichen müsste, um alle Bevölkerungsteilnehmer von Heidelberg mit Trinkwasser zu versorgen. Glenashdale Falls heißt das hier. Falls ihr euch das selber anschauen wollt.
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Morgen geht es auf der Westküste nach Norden und mit einer kleinen Fähre runter von Arran. Die einzige Einkaufsmöglichkeit an der Westküste wird noch geschlossen sein, wenn ich morgen da vorbei fahre. Heute war auch nichts mit Einkaufen. Also bin ich nochmal zur Honesty Box, um eine Schachtel Eier zu kaufen. Mal schauen, ob ich die auf meinem Kocher hart kochen kann.

Schön ins gemachte Zelt nach Hause zu kommen. Gleich die Eier gekocht, und das per Kamera natürlich dokumentiert. Beim Abbau fliegt dann das Stativ in die Eier und ich habe Matscheier. Die kann man doch trotzdem 1-2 Tage später noch essen? Oder? Also wenn der Reiseblog demnächst stoppt, könntet ihr mutmaßen: Eierhyperkontamination.
Das mit den Eiern war der volle Flop. Die Möwen haben sich den kompletten sixpack geholt. Ich konnte nur noch hinterherschimpfen.
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Tag 9 - Westküste von Arran - 17. August 2022

Nachts hat es wieder gestürmt und jetzt früh am Morgen ist es ziemlich ungemütlich kalt. Auf den Straßen sind tiefe Pfützen und ich habe wegen des Ohropax rein gar nichts mitbekommen. Blackwater besteht aus 20 Häusern, einem Metzger, einem Bäcker, einer Sandwichstation und ist die einzige richtige Ortschaft an der Westküste. Um 8:00 Uhr freue ich mich über das Speckbrötchen und den großen Pott Kaffee. Das vertreibt die Kälte aus den Zehen.
Es geht die Westküste von Arran hoch. Zuerst kommt eine Höhle namens King's Cave. Man muss ca. 3 km lang einen Pfad bis zur Küste laufen. Das ging fast komplett mit dem Rad. Prinzipiell bin ich gar nicht so ein Höhlen Fan. Ist ein Loch im Berg. Aber die Szenerie in der Küstenlandschaft ist schon einzigartig.
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Steinkreise und Standing Stones sind wichtige Dinge in Schottland. Vor 4000 Jahren angelegt sind diese steinernen Skulpturen immer noch ein Mysterium. Wohl wurden sie als Grabstätten verwendet. Heute ist es ein Kunstevent in grandioser Kulisse.
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Jetzt ist es passiert. Ich habe sie gesehen. Die Robben. Eine ganze Kolonie lungerte am Strand rum. Immer damit beschäftigt, eine bequeme Position auf den Felsen zum Sonnen zu finden.
Gerade angekommen mit der Fähre auf dem Festland, will dieses Fahrrad nicht anspringen. Wie ein Auto ohne Benzin. Das Display fährt so weit hoch, dass alles angezeigt wird, nur nicht der Tacho. Es gibt keinerlei Motorunterstüzung. Ein Aus Ein. Schimpf Fluch Zeter. Kein Fortschritt. Akku tauschen. Nichts. Jetzt mal drei Minuten alles Adrenalin verbrauchen. Bester Ort um liegen zu bleiben. Claionag heißt das hier, was aus drei Häusern und der Fährstation besteht. Keine echte Ahnung warum, aber nach 10 Minuten Dauergrübeln funktioniert es wieder. Ich aktiviere das E-bike nicht am Display, sondern am Akkukontrollknopf. Und voila, die Sonne scheint.
Das Problem bleibt aber. Ich kann nur über den Akku das Rad einschalten. Der Kilometerzähler war vorher schon kaputt. Mehr sollte nicht kaputt gehen.
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Es wird spät heute. Volles Touriprogramm, die Fähre und 95 km später bin ich am Zeltplatz. Aber ich muss noch für 1 1/2 Tage einkaufen. Ab ins 5km entfernte Tarbert. Hübsches Hafenstädtchen, das schon bessere Tage hatte. Viele Häuser stehen leer. Im Coop gibt's das nötige: Käse, Kekse, Milch und ein kleines Bier. Auf Brot verzichte ich erstmal.
Heute bin ich durch. So viele Bilder im Kopf. Morgen wird es aber eher anstrengender. Mit 110 km wird es die längste Etappe und Regen ist angekündigt. Die Hauptaufgabe wartet dann abends auf mich im TORRAN BAY HOSTEL. Da führt ein alter Drache die Regentschaft. Die Googlebewertungen fallen katastrophal aus. Da berichten Radler davon, wie sie vom Hof gescheucht wurden. Ältere Damen sind eigentlich eine Zentralkompetenz von mir, aber bei feuerspeienden Ungetümen habe ich nicht so die Erfahrungswerte.
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