13. Tag 28.08.2016 Coolcamping Le Brec
Die erste Station früh am Morgen ist St. Paul de Vence, ein Künstlerdorf nahe der Küste. Hatte mir notiert: 2 Sterne, aber sehr touristisch. Auf der Haupstraße reiht sich eine Kunstgalerie an die andere. Überall der Hinweis auf ein und dieselbe Webadresse. Also vermutlich Kunstmafia. Hier gibt es auch nicht mehr den Zausel mit Strohhut, sondern in schwarze Anzüge gekleidete Galeristen. Bei Gelegenheit werde ich auch diesen Sachverhalt anprangern. Es ist Sonntag Morgen und gerade halb neun und während ihr euch noch mal in euren Pubsmulden räkelt, recherchiere ich hier aufstrebende Künstler. Die spannendsten Exponate habe ich abgelichtet. Während ich in dem Luxus-Touri-Dorf keinen Euro lasse, verschaffe ich wahrscheinlich einigen Künstlern den Durchbruch, indem ich hier der Weltöffentlichkeit die prallsten Objekte präsentiere.
Der Ort ist auch ohne die Kunst schön, vor allem die phantasievollen und bunten Pflastersteine fallen auf. Bevor der zweite Tourist den Ort betritt, geht es weiter ins Hinterland.
Je weiter man in die Berge fährt, desto kurviger werden die Straßen, die Dörfer liegen weit auseinander und werden ursprünglicher. Dafür verfallen sie auch langsam und sind kaum bewohnt.
Balcony roads nennt man hier Straßen, die in den senkrechten Fels gehauen sind. Teiweise sind es sogar Überhänge unter denen man durchfährt. Ich habe sie in meiner Planung gesammelt und in meine Route eingebaut. Heute war die erste dran bei Aiglun und schaut selbst:
Coolcampings kannte ich von Schottland. Das sind Zeltplätze in besonders schöner Natur und vor allem für Zelter und nicht für die großen Wohnmobile. Man kann sich gut auf diese Kategorisierung verlassen, mit dem kleinen Nachteil, dass sie auch schon mal ausgebucht sind. Für Frankreich gibt es auch schon ein paar auf der Webseite von Coolcamping und heute bin ich in Le Brec und man versteht sorfort, dass dieser Zeltplatz etwas Besonderes ist. Er liegt an dem aufgestauten Flüsschen Var und es gibt einen Strand. Wenn ich jetzt am späten Abend durch mein zweites Pelforth schaue, spiegelt sich die Sonne im Wasser und im Hintergrund sind die Berge. Ich habe gleich die letzte Hitze des Tages genutzt, um vom 30cm Brett ins Wasser zu hüpfen. Ich habe heute volle Planerfüllung und bin Held des Urlaubs. 3 Tage habe ich hier eingeplant. Es liegen Kajaks am Strand und man darf sie frei benutzen. Das Foto ganz oben ist jetzt mein Ausblick.
Für alle wirklich wichtigen Dinge in meiner Ausrüstung habe ich Ersatz. Auch 2 Lesebrillen. Die eine habe ich schon vor ein paar Tagen versaubeutelt und auf die andere habe ich mich draufgelegt. Jetzt habe ich noch eine halbe. Mit dem ersten sieht man genug.
14. Tag 29.08.2016 Gorges de Daluis
Oh, verschlafen. Den Hahn habe ich in die Träume einfach eingebaut. Meinen 10-Stunden-deLuxe-Schlaf habe ich entweder dem Bierabusus oder dieser himmlischen Stille auf dem Platz zu verdanken. Die vorletzte Nacht ging nur mit Ohropax, da eine Straße direkt durch mein Vorzelt fuhr. Hier ist man 2km von der Durchgangsstraße entfernt.
Heute wird es heiß und ich will den Morgen für eine Wanderung in der Gorges de Daluis nutzen. Schon die 20 km Fahrt sind ein Erlebniss durch knallrote Felsen. Tief unten windet sich die Var und oben wechseln spektakuläre Ausblicke mit unbeleuchteten Tunnels. Zum Einstieg in die Wanderung frage ich den Postmann, der mir erklärt, dass ich eigentlich hier nicht mit dem Motorrad fahren darf. Es war aber kein Verbotschild an der Straße, nur dieser riesige Stein in der Straßenmitte, um den ich gerade so herum gekommen bin. Der Postmann steht aber nicht auf der Seite der flics und zeigt mir die Stelle, an der man in die Schlucht absteigen kann. Ich muss mich aber erst komplett umziehen, da man durch das Wasser waten muss. Also in kurzer Hose und Wassersandalen.
Unten angekommen eröffnet sich eine ganz eigene Landschaft. Die Var macht enge Schleifen und zu beiden Seiten gehen die Felswände hoch. Ständig muss man auf dem Weg die Uferseite wechseln und eine geeignete Stelle suchen, um durch die Strömung zu kommen. Jetzt spät im August ist das nicht schwierig, denn das Wasser ist nicht sehr hoch. An einigen Stellen sind Seile über den Fluss gespannt, um sicher die Seite wechseln zu können. Zumindest wegen der Kamera sollte ich nicht ausrutschen. Weit über mir ist die alte Brücke, von der man Bungee springen kann. Wenn man meint es zu müssen.
Nach 3 Stunden trete ich den Heimweg an und habe bis dahin fein säuberlich aufaddiert keine Person angetroffen. Das Wetter schlägt um, starker Wind kommt auf und es wird drückend schwül. Da ist es mal richtig angenehm, einen dieser riesigen klimatisierten Supermärkte aufzusuchen. Eigentlich meide ich diese Tempel, aber ich brauche eine Lesebrille. Ich kann wählen zwischen rosa und floraler Deko. An der Kasse schaffen sie es nicht, die Diebstahlsicherung von der Brille abzuschrauben und das komplette Personal steht beisammen und entwickelt Ideen, wie das Schloss von der Brille kommt. Die Idee mit dem großen Messer und grober Gewalt hätte auch von mir sein können.
Beim Zelt ist es temperaturtechnisch nicht auszuhalten, also Baden und sich an der Bar Kühles bestellen. Vielleicht laufe ich heute Abend in das Dorf Entrevaux, aber momentan donnert es. Und es ist so bequem hier.
Gegen Abend habe ich mich nochmal aufgerafft und bis ins Städtle gelaufen. Entrevaux ist ein bezauberndes Dorf eingerahmt von einer dicken Stadtmauer und geschützt mit zwei Zugtorbrücken. Auf dem Hauptplatz gibt es 4 Restaurants, bei denen alle die Stühle hochgeklappt auf den Tischen sind. Ende August ist es hier schon vorbei mit der Saison. Für ein Abendessen muss ich mal in die große Tasche schauen.
Hier nochmal der Zeltplatz am frühen Morgen. Gleich kommt mein pain au chocolat. Also wenn es euch jetzt nicht kribbelt. Sucht doch eure alte Isomatte im Keller, ein Zelt vom Nachbarn und ab hierher in den Süden.
15.Tag 30.08.2016 Selbstgespräche
Heute mache ich nichts. Dafür ist bestes Wetter, es tröpfelt beständig auf das Zelt. Nachdem ich meine tägliche Brotration in der Bar abgeholt habe, stiefele ich planlos den Berg hoch. Vertieft in Selbstgespräche, die meist sehr oberflächlich sind und häufig in Streit und Nörgelei ausarten. Da wähnte ich mich mal so richtig im Nichts bei einem dieser Gespräche, da werde ich von hinten angestupst. Hatte gar nicht bemerkt, dass ich mitten in einer Eselherde mich niedergelassen hatte. Die Tiere sind sehr zutraulich und neugierig. Ich bin auch zutraulich und sehr neugierig.
Nachmittags wechselt die Sonne mit Blitz und Donner ab, und so schwing ich mich mal in eines dieser Plastikkajaks. Also, das kann ich ja gar nicht. Es geht nicht und nie geradeaus, sieht so einfach aus, aber ich habe voll den Drehwurm. Aber wenn du gar kein Ziel hast, dann ist es im Kreis auch irgendwie ok. Erste Runde, nächste Runde, Ehrenrunde, und dann auf dem gleichen Weg wieder zurück, dann finde ich auch wieder zum Strand.
Abendspaziergang nach Entrevaux, aber auf halber Strecke sehe ich nur noch eine schwarze Wand über dem Städtchen und bin schnellsten zurück. Jetzt sitze ich fest hier in der Snackbar und starre wie der halbe Camping auf das Wasser, das komischerweise nicht ansteigt, obwohl doch so viel von oben reingegossen wird.