10.Tag 25.08.2016 Menton
Das ist gestern etwas untergegangen: mare, mare, mare und vive la france. Soviel Zeit muss sein. San Remo, Nizza, Monte Carlo, kennt man. Aber Menton kannte ich nicht vorher. Wie das so ist, hast du mal von etwas gehört, dann kommt es sofort wieder um die Ecken. Im Spiegel stand von dem großen Polizeieinsatz. Jetzt nicht wegen der Flüchtlinge, die hierher von Italien schwimmen um ins gelobte Frankreich zu kommen. Sondern ich erzähl es euch. Menton hat einen kleinen Sandstrand, viel zu klein für alle Sonnenhungrige. Ganz Schlaue gehen dann vor dem Zähneputzen raus und legen ihre Megabadetücher und markieren ihr Reich. Wie der Hund und der Baum. Die sozialistische egalitäre Seele der Franzosen rebelliert und nun muss morgens die Polizei raus, um diese territorialen Besitzstandsmarken zu enfernen. Gleich nach dem Zähneputzen. Mein Badetuch wäre schon vorher von den Müllwerkern mitgenommen worden, da ich im kleinen Rucksack nur das Spültuch vom Müllermarkt dabei habe, mit dem ich morgens das Mottorrad und das Zelt trocken rubbele.
Ich werde heute morgen durch die Hitze im Zelt geweckt. Die Sonne knallt auf mein Falt-Treibhaus. Heute wird nicht gefahren, nur flaniert. Ich durchforste meine Koffer nach was feinem zum Anziehen. Schau in den Spiegel und leg die Haare schön. So wie alle hier. Es geht einen schmalen Weg so 1 km ins Städtchen. Mir ist jetzt schon zu warm und deswegen recherchiere ich mal wegen dieser Badetücher. Ich trumpfe auf mit meinen Badeutensilien, weil die überall zwischenrein passen. Quasi Mofa im Verkehrsstau. Das Wasser ist seicht warm und man kann überall stehen. Aber Hauptsache mare, mare, mare.
Eigentlich bräuchte ich mal einen Supermarkt. Beispielsweise bräuchte ich ein Shampoo. Seit 3 Tagen wasche ich mich mit Rei in der Tube. Bis jetzt noch kein Haarausfall oder Farbumschwünge in der Haut. Aber in diesen Tourimetropolen gibts wieder Schnick und Schnack, aber sonst halt Fehlanzeige. Einen Bäcker finde ich, in dem ich Leute mit diesen Stangen unter dem Arm anspreche. Es geht in eine verwinkelte Gasse, runter in einen Kellerraum. Dort bedient eine verschleierte Frau. Hauptsache pain au chocolat.
Noch ein Wörtchen zum Zeltplatz. Terrassen unter Olivenbäumen und der Blick auf Menton und das Meer. Das ist die eine Seite. Die andere Seite könnt ihr riechen, sprich Kloake. Das eine Sanitätshäuschen ist komplett Ruine, das andere erreicht man nach einer kleinen Wanderung. Es gibt für 150 Stellplätze 4 Duschen, die auf Selbstreinigung umgestellt wurden. Vom Klo will ich euch gar nichts erzählen. Und alles macht den Eindruck, als wäre das schon seit Ausrufung der Republik so. Googlekommentare belegen aber nur für die letzten 20 Jahre den Niedergang. Und dann streunert noch so ein security-scherge herum. Morgen bin ich weg.
Menton ist ein ganz arg hübsches Städtchen. Mondäne alte Prachtbauten am Boulevard, oben die Altstadt mit unzähligen engsten Gassen. Keine Autos. Eigentlich wollte ich früh in Menton sein und dann die Mittagshitze beim Zelt verbringen. Aber ich bin im Triel- und Trödelmodus und mache bei jedem Brünnchen oder Schattenbänkchen eine Stunde Pause. Ein alter romantischer Friedhof mit den typischen Grabhäuschen ist oberhalb der Altstadt, und hier hat man seine Ruhe, wenn nicht die Zirpen einen derartigen Radau machen würden.
11. Tag 26.08.2016 Zurück in die Berge
Ich will früh los, es ist so heiß schon morgens beim Zeltabbauen. Es geht ins bergige Hinterland: Schluchten, Kurven, Dörfchen, Cafe, sprich Urlaub. Es geht wieder ein Stückchen Italia, und ich finde einen supermercado. Hier ist schlechte Laune. Gleich einen Rempler am Eingang. Dann will ich ein Stück Pizza erwerben: avanti, signore. Nein, nicht dieses nicht belegte Randstück, sondern. Roter Kopf und signora repetiert avanti avanti. Mille grazie. Dann an der Kasse. Ihr ahnt es: avanti. Jetzt dieses Weibstück hat ihren Espresso noch nicht gekriegt. Wenn man mathematisch an die Sache mit dem Wechselgeld rangeht, bekäme ich 40,35 Euro zurück. Sie meint allerdings, die Münzen müßten reichen. Teutonische Hartnäckigkeit gegen italienischen furor. 1:0 allemania.
Nach 40 km Kurvenschwingen geht es nach Saorge. Aufgrund der spektakulären Lage im steilen Berg eindeutig Kategorie Felsennest. Die meisten Häuser sind aus dem 19. Jahrhundert. Es ist Leben in den winzigen Gassen. Man findet einen Bäcker und einen Obstladen, kleine Lädchen mit Handgearbeitetem für die Besucher. Endlos kann man die gewundenen Wege erstromern, und landet immer wieder auf dem Platz der Republik oder an der großen Kirche. Capuccino oder Predigt.
Seitdem es diese vatikan-app gibt, ist der Bedarf nach Kirchen erheblich gesunken. Weil man kann jetzt überall. Die Technik hat aufgeschlossen zum göttlich Ubiquitärem und Omnipräsentem. Zwischen Warmen Worten zum Wachwerden und der speedspontan-Beichte kannst du heute halt ein paar Pokemons fangen. In dem kleinen Saorge gibt es 5 Kirchen, die eine verfällt, in einer anderen ist die Post, Pizza gibt es auch in einer Kirche und am schönsten ist die örtliche Bibliothek im recyceltem Sakralbau.
Weiter geht es nach Sospel, das an einem Flüsschen liegt und zum Promenieren einläd. Die Leute gehen aber lieber essen. So bin ich ganz alleine, um den schönen Kirchplatz zu erkunden.
Oben in den Bergen ist die Luft nicht so heiß wie unten am Meer, die Gegend ist touristisch wenig erschlossen. Manchmal fahre ich 30 km ohne auf irgendein Fahrzeug zu treffen. Ein Ziel war heute eine Straße, die mitten in der Alpenlandschaft eine Schleife zieht. Also keine von A nach B Straße, sondern eine AA - Straße. Wahrscheinlich war das auch mal in einem Krieg sinnvoll, im Kreis zu fahren. Vielleicht den AB - Ernstfall mit AA - Taktik üben. Man kann sich so schlecht in diese Kriegsherren hineinversetzen. Jedenfalls habe ich den letzten verbliebenen Panzer friedlich besetzt.
Nach Irrungen und Wirrungen, sprich Naviallüren, bin ich in Gorbio angekommen. Sitze nach Pizza und Bier in einem Weinberg und habe einen schönen Blick auf das Dörfchen. Morgen mehr, heute ist es spät.
Gute Nacht, ihr Zurückgebliebenen.
12.Tag 26.08.2016 Durch die französischen Alpen
Heute morgen hat mich der Hahn geweckt durch sein lautstarkes Herumgegockele. Er meint es gut mit mir. Ich soll nicht so. Mach ich eigentlich auch nicht.
Gorbio ist wirklich ein uriges Kaff. Ich bin ja nur 10 km von Menton weg, da ich gestern fast einen Rundkurs eingelegt habe, aber es sind wohl 600 m Höhe hier und wenn man von hier aus irgendwohin will, geht es immer fast auf Seehöhe runter. Deswegen war ich heute morgen auch wieder am Ortschild von Menton.
Der Camping war gestern schwer zu finden, den es gibt nur handgemalte Schilder, die von Blumen überwachsen sind. Es ist dann auch nur ein sehr kleiner Camping, aber extrem schnukkelig. Im alten Wein - und Olivenberg sind einige Terrasen für Zelte vorgesehen und man hat immer diesen sensationellen Blick auf den Ort und im Hintergrund das Meer. Jetzt ist der Platz spontan in die Top-17 meiner Lieblingscampings gerutscht.
Wegen diesem Federvieh bin ich im Morgenlicht im Ort und mache meinen Dienst an der Knipse, damit ihr was zum schauen habt. Weiter geht es wieder diese endlosen Serpentinen von einem Örtchen zum nächsten. Ich habe mich wirklich verschätzt, wieviel Kilometer ich am Tag schaffe und muss etwas umplanen. Die Reiseleitung is not amused, aber sonst artet das hier noch in reinen Motorsport aus. Wenn das Wetter einfach nur noch perfekt ist, bemerkt man es gar nicht mehr, nur das Fotografieren im Mittagslicht ist nicht sehr ergiebig, da es so harte Kontraste gibt und die Schatten so kühl sind. Es ist sehr schwierig, es mir recht zu machen.
Spontan vom Plan abweichen kann man nur, wenn man einen hat. Soweit ist es logisch. Man soll aber auch keinen Plan B haben. Weil Plan B heißt ja, dass du das Scheitern einplanst. Dass du auch mit der zweiten Wahl zufrieden bist. Und jeder Coach sagt dir, du mußt nur wollen, dann. Du mußt an dich glauben um Großes. Ja, du kannst es und du weißt es. Von diesem Geblubber kann eine ganze Branche leben. Die Trainer, die Berater, die Coaches, die Consulter, die Psychos. Also gut, habe ich halt auch kein B. Aber es ist später Nachmittag und ich müsste noch 5 Stunden auf dem Motorrad verbringen. Ich habe mal gehört, dass man im Leben einen großen Plan haben soll und einen kleinen. Wenn ich jetzt einen Platz suche für mein kleines Zelt und eine große Pizza, dann ist das wohl der kleine Plan. Dann mal los.
Kein Bier, keine Pizza, aber sonst. Camping hat Schwimmbad, Plantschen in den Sonnenuntergang. Im Großen und Ganzen kleiner Plan erfüllt.
Habe ich schon erzählt, dass mein Zelt von exped ist. Die haben so ein Video, in dem sie demonstrieren, dass man es in 2 Minuten aufbauen kann. Dann müsst ihr dieses Video anschauen, die Hütte steht in 45 Sekunden.
Habe ich schon erzählt, dass mein Zelt von exped ist. Die haben so ein Video, in dem sie demonstrieren, dass man es in 2 Minuten aufbauen kann. Dann müsst ihr dieses Video anschauen, die Hütte steht in 45 Sekunden.
Ja und der große Plan. Keine Ahnung. Da könnte ich jetzt meine Jugend dran verschwenden. Vielleicht irgendwann.