Tag 13 - wieder an die Küste nach Piran - 1. September 2019
Gestern ist es spät geworden. Ich saß mit zwei Schweizer Pärchen am Abendtisch. Das eine Paar fährt für ein Jahr mit dem Fahrrad um die Welt, das andere mit einem 30 Jahre alten VW-Bus open end. Erstens: den Schweizern geht's zu gut, zweitens: sie fliehen aus dem Land.
Heute Nacht kühlte es schön ab und der Tau hat alles eingenässt. Es gibt einen spektakulären Blick zurück auf Motovun im Morgendunst. Ich sammle heute noch ein paar Bergnester, bevor es wieder ans Meer zum slowenischen Piran geht. Das erste Dorf, zudem ich steil den Berg hoch muss, ist Groznjan. Hier ist wirklich eine filmreife Mittelalterkulisse.
Und wieder runter ins Tal und steil hoch nach Buje:
Der nächste Kandidat im Nesterhopping ist Krkavče. Als ich mich in der Mittagshitze hochgequält hatte, sind das hier nicht mehr als drei Häuser. Keine Ahnung, was ich hier wollte. Ich bin mir unsicher, ob der weitere Weg wie geplant machbar ist und, da ich ja lernfähig bin, frage ich einen Bauern. In gutem Englisch erklärt er mir, dass es selbst zu Fuß schwierig und matschig ist. Also bin ich vernünftig und wähle den 10km Umweg.
Rovinj soll die schönste Stadt Istrien sein, und Piran die Perle von Slowenien. Und dieser Zeltplatz der schrecklichsten von Slowenien. Das kann ich schon mal bestätigen. Ich liege nur durch einen Maschendrahtzaun getrennt neben der Durchgangsstraße, Dusche erst ab 17:00 Uhr. Zur Steckdose muss ich mich an einem angeketteten Hund vorbeischleichen. Aber ich habe ein Plätzchen und laufe nachher in dieses Schmuckkästchen hinein, wenn es nicht mehr so arg heiß ist.
Rovinj soll die schönste Stadt Istrien sein, und Piran die Perle von Slowenien. Und dieser Zeltplatz der schrecklichsten von Slowenien. Das kann ich schon mal bestätigen. Ich liege nur durch einen Maschendrahtzaun getrennt neben der Durchgangsstraße, Dusche erst ab 17:00 Uhr. Zur Steckdose muss ich mich an einem angeketteten Hund vorbeischleichen. Aber ich habe ein Plätzchen und laufe nachher in dieses Schmuckkästchen hinein, wenn es nicht mehr so arg heiß ist.
Piran ist eine eindrucksvolle Stadt mit mondäner Piazza und schönem Hafen. Der Platz ist fast leer, die Menschen sind an den Stränden und in den Lokalen. Und eigentlich will ich das auch. Es gibt gegrillte Dorade. Wohl fangfrisch von den kleinen Kuttern, die pittoresk im Hafen lümmeln. Ich habe wohl 17 Schweißschichten angesammelt und in der Abendhitze wirkt das Bier wie gespritzt.
Am Abend gibt es am Campingstrand das zweite Bier. Es möge zusammen mit Ohropax den Schlaf bringen, bevor ich an der Straße den Verkehr regele.
Das Meer murmelt was von Unendlichkeit und ich frage es, ob es vielleicht eine Nummer kleiner geht.
Das Meer murmelt was von Unendlichkeit und ich frage es, ob es vielleicht eine Nummer kleiner geht.
Tag 14 - weiter an der Küste nach Koper und ins Landesinnere- 2. September 2019
Der Alkohol und die Ohrstopfen sorgen für Premiumschlaf. Die nächsten zwei Tage ist einfach nur Radeln angesagt. Nicht so die Tourihighlights. Das Wetter ist müde und es tröpfelt lustlos vor sich hin. Ein Wetterumschwung ist angekündigt, und ich vermute, dass es mir wieder nicht passt. Es soll sehr gewittrig werden. Ich bin beim Cappuccino in Koper. Hier gibt’s es noch ein paar nette Fassaden aus vergangenen Tagen und dann geht’s weg vom Meer ins hügelige Innenland. Dass ich jetzt wieder in Slowenien bin, merke ich eigentlich nur daran, dass ich keine Kuna mehr umrechnen muss.
Mühsam schleppe ich mich durch tropische Luft nach Hrastovlje. Das ist eine Wehrkirche. Also so ein Gotteshaus mit einer hohen Befestigungsmauer und Wachtürmen herum. Das hat eine deutsche Familie Neuhaus 1490 erbauen lassen, warum auch immer. Ein Maler wurde bezahlt, damit jedes Fleckchen Wand mit Geschichten aus der Bibel und dem Leben vollgemalt wurde. Die Inschriften sind auf glagolitisch, was der aufmerksame Leser ja nun hoffentlich kennt. Wenn du auf romanische Kirchen stehst und Fresken dein Ding ist, kriegst du hier Zustände. So um 1600 hat man genug von den Bildern gehabt und die ganze Kirche ganz schick verputzt. Erst 1952 hat man bemerkt, was unter dem Putz liegt. Und heute ist ja die Welt bunt und man hat alles wieder freigelegt. Eines dieser Bilder hat mich dann doch beim Manne gepackt: der gerade gekreuzigte Jesus steigt herunter und meuchelt mit einem riesigen Schwert den Teufel. Also wenn Jesus bei den Pazifisten war, dann eher so im militanten Flügel. Leider darf ich innen nicht fotografieren und muss euch das hier wortreich erklären. Aber meine kleine Videokamera sieht eher wie so eine Elektrozigarette aus. Und so habe ich mit einer gesunden Portion krimineller Energie etwas Video laufen lassen. Es gab ja in der Kirche kein Rauchverbot.
Es geht auf steilen Schotterwegen ins Landesinnere. Die Gewitter kommen näher, und als der ganz große Schauer beginnt, stehe ich neben einer überdachten Bushaltestelle, die für die nächsten Stunden meine Unterkunft sein wird. Es kommt unglaublich viel Wasser runter und stundenlang gibt es Blitz und Donner. In meiner Höhle mache ich es mir gemütlich, ich habe Futteralien bis morgen früh. Was für ein Glück dieser Unterstand. Ich könnte hier übernachten, es gibt eine lange Bank. Eher der fehlende elektrische Strom wäre ein Problem. Zu meinem Zeltplatz sind noch so zwei Stunden zu fahren, es gäbe dort auch Zimmer. Aber ich muss erst mal da hin. Jetzt lese ich erstmal die SZ von heute.
Nach drei Stunden konnte man schon auf dem Regenradar erkennen, dass es aufklaren würde. Deshalb bin ich mit Regenponcho los und habe gesündigt: nicht auf den kleinen Waldwegen habe ich meinen Zeltplatz angesteuert, sondern bin irgendwann auf die große Straße, um nicht im Dunkeln anzukommen. Vor allem zu dem Schmuddelzeltplatz von gestern in Piran ist das hier ein Kleinod. Völlig idyllisch und ruhig gelegen, vielleicht mit 10 Stellplätzen in einem Olivenhain. Ich hatte mich schon damit abgefunden, dass ich heute meinen alkoholfreien Tag einlegen würde, da bekomme ich zu Begrüßung eine Karaffe Weißwein. Für heute Nacht sind wieder schwere Gewitter angekündigt und so habe ich das erstmal das Zelt mit Häringen gesichert.
Tag 15 - in die Berge vom Slowenien - 3. September 2019
Vorbei die Zeit mit Sandalen und kurzer Hose. Mit der Daunenjacke krieche ich aus meinem Bunker. Auf dem Zeltplatz liegen umgekippte Blumenkübel, Äste und die Vorzelte der Caravans liegen etwas informell und desorientiert kreuz und quer. Das Gewitter habe ich verschlafen. Mein Schwerlasttransporter steht frisch geputzt parat. Ich muss noch bezahlen. Ich wollte schon gestern die 10€ dem cheffe in die Hand drücken, aber so läuft das hier nicht. Wie in Italien und Kroatien wird kein Geld genommen, bevor eine ordentliche Quittung ausgestellt ist. Und auch das geht erst, wenn der Wirt meine Personalausweis-Daten der Polizei gemeldet hat. Wir werden noch viel vom Süden lernen müssen, was Schwarzgeld und Steuerehrlichkeit betrifft.
Die Luft ist herrlich klar, die Sonne kämpft. Ich habe drei e-bike-akkus vollgetankt und das wird ein Sahnetag.
Die Luft ist herrlich klar, die Sonne kämpft. Ich habe drei e-bike-akkus vollgetankt und das wird ein Sahnetag.
In Goritza habe ich schon vor einem halben Jahr ein Café erspäht. Jetzt kommen gleichzeitig ein italienisches Radlerpärchen und ein norwegischer Fernradler dort an und wir machen einen spontanen Bikertisch auf. Die Italiener fahren mit so einer Faltkarte vom Touribüro. Die Nordlichter machen das satellitengestützt und app-geleitet.
Wenn alles mal so richtig gemütlich und stressfrei läuft, fällt dem Herrgott wieder diese Nummer mit den platten Reifen ein. Und weil ich gleich den Mann mit Rauschebart verantwortlich mache, ist 5km später auch vorne platt. Ich bin auf einem asphaltierten Fahrradweg und habe keine Ahnung, wo ich mir wieder diese Dornen eingefangen habe. Also kommt nur er in Frage. Und jetzt folgendes: als ich da so genüsslich vor mich hin flicke, kommt ein deutscher Fahrradtourist vorbei und fragt, ob der folgende Teil des Weges mit seinem Luxusbike auch machbar ist. HALLO! Da fragt man, ob man sich auch die Hände schmutzig machen darf, ob da Hilfe nötig ist. Ich habe mich jetzt erst beim abendlichen Bier wieder beruhigt. Unter Motorradfahrern wäre das nicht passiert.
Wenn alles mal so richtig gemütlich und stressfrei läuft, fällt dem Herrgott wieder diese Nummer mit den platten Reifen ein. Und weil ich gleich den Mann mit Rauschebart verantwortlich mache, ist 5km später auch vorne platt. Ich bin auf einem asphaltierten Fahrradweg und habe keine Ahnung, wo ich mir wieder diese Dornen eingefangen habe. Also kommt nur er in Frage. Und jetzt folgendes: als ich da so genüsslich vor mich hin flicke, kommt ein deutscher Fahrradtourist vorbei und fragt, ob der folgende Teil des Weges mit seinem Luxusbike auch machbar ist. HALLO! Da fragt man, ob man sich auch die Hände schmutzig machen darf, ob da Hilfe nötig ist. Ich habe mich jetzt erst beim abendlichen Bier wieder beruhigt. Unter Motorradfahrern wäre das nicht passiert.
Und noch das mit den Feigen. Die sind so reif und klebrig fruchtig. Und überall und jederzeit. Zu Hause kriegt man die in so Papierchen mit Borte und Gedöngels eingewickelt. Und Eurotechnisch fragst du den Nachbarn, ob man nicht zusammen eine kauft. Es ist ein Verteilungsproblem. Hier so viele, dort so kostbar. Die großen Probleme sind meist Verteilungsprobleme. Das Wasser, die Liebe und die Socken. Alles gibt es im Übermaß, aber nicht an den richtigen Stellen. Nur bei Dieselöl hat man das eigentlich ganz gut hingekriegt.
Ich bin in Kanal gelandet, dem ersten Dorf im Soca-Tal. Es gibt einen sensationellen Blick vom Zelt auf den Ort mit der alten Brücke und den Badegumpen des Flusses. In der Dorfkneipe gibt es nur flüssiges und ich werde später im Zelt noch nach Resten fahnden. Kulinarisch kriege ich es nicht gebacken. Ich habe noch zwei Flicken für die Reifen vorrätig. Diese größeren länglichen. Wahrscheinlich kann man die teilen. Mit 4 müsste ich es heim schaffen.
Ich bin in Kanal gelandet, dem ersten Dorf im Soca-Tal. Es gibt einen sensationellen Blick vom Zelt auf den Ort mit der alten Brücke und den Badegumpen des Flusses. In der Dorfkneipe gibt es nur flüssiges und ich werde später im Zelt noch nach Resten fahnden. Kulinarisch kriege ich es nicht gebacken. Ich habe noch zwei Flicken für die Reifen vorrätig. Diese größeren länglichen. Wahrscheinlich kann man die teilen. Mit 4 müsste ich es heim schaffen.