Mit dem e-bike und Zelt
durch Österreich im Sommer 2024
Irgendwas stimmt mit den Akkus nicht. Der erste Akku ist nach 15km leer und der zweite auch, als ich die Hälfte der Höhenmeter geschafft habe. Ich muss laden und finde eine bewirtschaftete Alm. Mit Strudel und Latte Macchiato vertreibe ich mir fast 1,5h. Ich habe den Verdacht, dass eines der beiden Ladegeräte einen Wackler hat. Es ist auf alle Fälle von Vorteil mit 3 Akkus, zwei Ladegeräten und zwei Powerbanks unterwegs zu sein. Irgendwas geht immer kaputt, und dann sollte die Reise nicht zu Ende sein.
Die Bäuerin erzählt, wie es hier im Winter ist. Von November bis April liegt der Schnee. Die zwei Buben mussten jeden Tag 1h im Bus runter nach Sterzing in die Schule. Momentan arbeiten beide auf dem Hof. Die Hänge hier sind so steil, dass man mit dem Traktor nichts machen kann. Den ganzen Tag stehen sie im steilen Berg und mähen und sammeln das Heu ein. Jetzt ernährt der Hof nur eine Familie und einer der Söhne muss einen anderen Beruf erlernen. Ich habe dann gemutmaßt, dass man hier oben weder ein Fitnessstudio noch Psychotherapie braucht. Mit dem Fitnessdingens hat die Bäuerin mir Recht gegeben.
Es geht hoch auf dem üblichen Schotter. Das Pfitscherjoch liegt mit 2300 MH fast 1000 M höher als der benachbarte Brennerpass. Was man nicht alles macht, nur dass man nicht kontrolliert wird. Die Abwärtsstrecke vom Joch herunter war schon heftig. Der Weg besteht aus groben Steinplatten, über die ich das Fahrrad nur ganz langsam schieben kann. Oder es liegt Kindskopf großer Schotter auf dem Weg, wo das Fahrrad überall hin will, nur nicht geradeaus. Kindskopf eben. Jetzt um 17:00 Uhr habe ich es geschafft. Noch 30km zum Zeltplatz in Mayrhofen und ich sollte noch einkaufen. Morgen ist Sonntag.
Die Abfahrt ist eine reine kurvenreiche Schusstrecke durch enge unbeleuchtet Tunnels. Vor einem dieser Röhren ist die Ampel Rot. Ich fahre nach vorne und bekomme eine Diskussion mit, in der ein Autofahrer die beiden Radler davon abhalten will, vor ihm loszufahren. Da hat er sich aber ordentlich verhoben. Als originale Steierin läßt die Radlerin sich von einem Münchner Pifke so aber schon überhaupt nichts sagen. Ich überrede die beiden, bei Rot mitzufahren. Viele Argumente habe ich nicht gebraucht.
Auf dem Zeltplatz grollt ein Gewitter ran, aber es bleibt trocken. Toi Toi. Es wäre der erste Reisetag ohne mindestens eine Stunde Regen. Ich flicke das Kabel des Ladegeräts mit Kabelbinder und T-Rex Klebeband. Weil man alles mit Kabelbinder und T-Rex Klebeband reparieren kann. Das Kabel ist jetzt geschient und sollte nicht mehr wackeln.
Zum Nachradeln die heutige Tour.
Das war so nicht mit der Reiseleitung abgesprochen. Ich bin davon ausgegangen, dass es die letzten Tage so ausgleitet nach der anstrengenden Tour gestern. Aber es ist heute genau dasselbe auf dem Programm. Von 600 MH des Zeltplatz hoch zum Geiseljoch auf 2300 MH. Oben zum Gipfel Schiebestrecke der Kagegorie S2. Die ersten Kilometer verlaufen auf der Schnellstraße, aber der Zillertaler bereitet sich auf die Sonntagsmesse vor. Es soll heute Nachmittag gewittern, also dann mal in die Pedale.
Oben am Joch bin ich ganz allein. Es hat sich schon gelohnt, die Messe sausen zu lassen. Der Weg runter ist jetzt technisch nicht schwierig, aber es geht elend steil seitlich runter, so dass ich 2 km lang das Fahrrad schiebe. Der Himmel rumpelt dunkel und ich flüchte in die Nafingalm. Es gibt richtig leckere Penne und ich kann den Regen aussitzen.
Fast 2000 HM geht's runter ins flache Inntal. Endlose Maisfelder wechseln sich mit Gewerbegebieten ab. Wenn man nicht den gesamten Winter zur Routenplanung nutzt, sieht so wahrscheinlich Österreich aus. Trotzdem gibt es hier einen ganz okayischen Camping. Der Platz ist gut gefüllt und vor jedem Zelt, Bus oder Wohnwagen sitzen nachmittags die Menschen. Jetzt fährst du aus Schweden, Holland oder Tschechien hierher in den Urlaub und setzt dich den ganzen Tag vor dein Fahrzeug. Vermutlich war jeder an seinem ersten Tag kurz draußen und denkt sich: Maisfelder kenne ich schon. Da haben wir gebucht und bezahlt, bleiben wir hier und machen es uns gemütlich.
Das Wetter hat gedroht und sich verhoben. Alle Dienste sind eingestellt. Kein Wind, keine Sonne, zeitlos. Ich hole mir ein kaltes Bier, setzte mich konform vor mein Zelt, esse das 37te Käsebrot der Reise und lasse um 17:00 Uhr den Tag ausgleiten.
Im frühen Morgennebel sehen auch die Schlote von Duisburg malerisch aus. Das kann der Inn mit seiner braunen Brühe dann auch. Ich finde eine einsame Uferstelle an einer Landzunge gleich nach der Kläranlage und feiere mein Frühstück.
60 km ziehen sich zwischen Autobahn, Eisenbahn und Inn, bevor es wieder in die Berge geht. Insgesamt sollen es wieder über 100 km werden.
Momentan sitze ich am sympathischen Walchsee, bei dem auch Normalsterbliche ans Ufer gelangen. Wäre cool, da jetzt rein zu springen. Ich bin aber zu faul dafür.
Wenn man sich den Umriss von Österreich anschaut, dann gibt es eine Einbuchtung südlich von Salzburg. Das deutsche Puzzlestück Ruhpolding passt da genau rein. Da will ich heute hin, damit ich durch drei Länder gereist bin und damit meine Reise internationalen Status erhält. Den Grenzübertritt merkt man daran, dass es in Deutschland kein Mobilfunknetz mehr gibt.
Ruhpolding ist der einzige deutsche Zeltplatz auf meiner Fahrt. Bei den AGB der Webseite war dann auch die erste Frage: wo finde ich die Campingplatzordnung? Als guter Zeltler und Systemcamper habe ich die natürlich vorher gedownloadet, gelesen und verinnerlicht. Punkt 7: Man habe von Sachbeschädigung Abstand zu halten. Das bedeutet, dass man hier wirklich gar nichts kaputt machen darf.
Und ich frage dich, lieber Reiseleiter, warum bitteschön liest du die AGB eines Campingplatzes?
Reiseleitung: Ich glaube, das war der Moment bei der Fußball EM, als die Spanier die Deutschen rausgekegelt haben. Und ehrlich, das funktioniert: bevor du schlechte Laune bekommst, da hilft es, auf beliebigen Webseiten die FAQs und AGBs zu lesen.
Hier noch mein Leistungsnachweis auf Komoot.