Mit dem e-bike und Zelt
durch Österreich im Sommer 2024
Die ganze Nacht hat es geregnet und ich muss schon im Zelt alles wasserdicht verpacken. Es geht runter ins Ennstal. Ich ignoriere mal wieder ein Verbotsschild und muss zur Strafe einige Kilometer zurück und das Fahrrad über eine Bahntrasse wuchten. Gut in Plastik eingepackt läßt sich ganz gut radeln. Schwierig ist es eher mal einen Pauseplatz zu finden. Auf halbem Weg treffe ich einen Bioradler, der ungefähr die gleiche Strecke fährt und dasselbe Ziel für heute hat. Ernüchternd, denn ich finde mein Pensum schon ganz beachtlich. Durch die Umwege werden es über 100km und es geht von 600m Höhe auf 1800m. Leider verläuft der steile Teil auf einer Hauptverkehrsstraße. Den ganzen Aufstieg bin ich dann in einem Stück und im Regen geradelt, da wirklich gar keine Rastmöglichkeit vorhanden war. Jetzt sitze ich oben am Pass im Eingang eines unbewohnten Winterhotels und mir brennen die Beine. Ich erinnere mich, dass mein Radlerkollege ein ganz billiges Zimmer in Mauterndorf gefunden hat. Aber es sei wohl das letzte freie Zimmer gewesen. Aber bei booking.com ist es immer das letzte Zimmer, das man bucht. Also suche und buche ich oben am Berg mein Zimmer. Diesmal wirklich das letzte. Bestimmt.
Das Mauterndorf ist echtes Mittelalterspektakel. Beim Anschauen treffe ich den Radlerkollegen und wir gehen noch Abendessen. Es hat mir dann doch große Genugtuung verschafft, dass er lieber den Aufzug anstatt die Treppe hoch zu unseren Zimmern genommen hat. Man soll sich eben auch an kleinen Dingen erfreuen. Tagesroute auf Komoot
Das mit den Orten und Landschaften, deren Namen ich nicht kenne: Das geht nicht gut aus. Ganz schön oft am Tag werde ich gefragt, wo es den hingehen soll. Und sage nur nach Italien. Wenigstens das kann ich mir merken. Und klingt natürlich cool. Globetrotter sowieso. Aber jetzt versetze dich in den Österreicher, also von der Empathie her. Da erzähle ich ihm, dass mein mittelfristiges Lebensziel ist, dieses Land hier zu verlassen.
Also heute geht es nach Gmünd in Kärnten über die Nockalmstraße. Das ist quasi schon Italien.
Die Nacht durch hat es geregnet. Da freue ich mich, dass ich so clever und flexibel gestern war, das letzte vorhandene Zimmer zu buchen. Dass ich auch gleich im Regen radeln darf, ist jetzt nicht so präsent im Gemüt. Denn zuerst gibt's Frühstück Buffet. Und spätestens da hat sich der Zimmerpreis sowas von amortisiert. Der Radlerkolkege heißt Stefan und wir versuchen beide die Tagesportion an Kalorien einzunehmen.
Wir starten dann auch gemeinsam Richtung Süden. Aber nach der zweiten Kreuzung zieht es ihn auf die schnelle Bundesstraße und mich auf die eingematschten Waldwege.
Die Nockalmstraße ist eine Mautstraße, nur nicht für Radler. Das hat der Herrgott so gewollt. Für den Rest der Kundschaft ist es ein Almauftrieb der modernen Art. Ich wollte eigentlich mich stolz auf 2200m Passhöhe selbstlos vor den Insignien des exponierten Ortes fotografieren. Aber vor lauter Ramtamtam wurde ich schnellstens hinweg komplimentiert.
Am anderen Ende der Touriskala gibt es dann die Steigeralm. Da gehst du einige Kilometer weg vom Asphalt und erblickst auf einer Alm die uralte Hütte mit der uralten Signora. Es gibt nur ein Gericht, und zwar eine Brotzeit mit Speck und Holundersaft. Den Speck macht sie noch selber. Hier könnte der SDR eine low budget Version von Hänsel und Gretel verfilmen.
Jetzt der Speck: das wird wohl so knapp ein halbes Kilo gewesen sein. In einem unbeobachteten Moment wickle ich den Großteil in die Serviette. Für die nächsten Tage. Weil ich so brav aufgegessen habe, bekomme ich eine Führung durch das alte Holzhaus. Im Herd gibt es ein Fach für Holzscheite, womit der Ofen, das warme Wasser und die ganze Hütte geheizt wird. Ich war seit 3 Tagen der einzige Gast.
Jetzt geht es nur noch bergab nach Gmünd. Am Wegesrand die vielen alten Bauernhäuser, für die sich niemand mehr interessiert und die dem Verfall preisgegeben sind. Und hier noch die heutige Tour.
Ich bleibe drei Nächte in Gmünd und heute soll es hoch ins Maltal. Dafür sollte ich zumindest mal aufstehen, was bei kaltem Niesel sich prokrastinativ hinzieht. Ich strukturiere die beiden Seitentaschen neu.
Das Tal ist ein echtes Alpenidyll. Nach den ersten Kilometer kommt die Mautstation. Ich muss als Radler auch hier nichts zahlen, aber ich muss meine funktionstüchtige Beleuchtung vorweisen. Es kommen 6 unbeleuchtete Tunnels. An der engsten Stelle des Tals kommen 3 Ampelanlagen. Im ungünstigsten Fall muss man 20 Minuten warten. Nach kurzem Anstehen kommt mir der Gedanke, dass von dieser Wartepflicht der Fahrradfahrer sicherlich entbunden ist. Ich habe mir gedacht, also von der Logik her. Ansonsten glaubt es halt, wenn ihr das besser könnt. Für den Radler ist es immer noch besser, den Gegenverkehr zu haben als überholt zu werden. Schlüssig? Egal, ich fahre über Rot. Später auf der Hütte können sich die Wanderer genau an diesen Radler erinnern. Dafür bekomme ich eine Notverpflegung, sprich Zirbenschnaps.
Die unbeleuchteten Tunnels sind für sich schon ein Ding, aber wenn in den engen Röhren von hinten ein Auto überholt, hast du Düsenjäger im Bauch.
Es geht 1400 HM in einem Stück hoch, bis bei einem Stausee mit Parkplatz der Asphalt aufhört. Hier habe ich schon alle meine 4 Pullover samt dem kompletten Regenornat an.
Aber für die folgenden Kilometer auf rumpligem Schotter immer nahe am Ufer des Sees lohnt sich die Anstrengung, denn am Ende liegt die Osnabrücker Hütte. Und das habe ich schon heute morgen im Zelt erledigt: ich will einen Kaiserschmarrn.
Es gibt fast alles, aber nicht den Schmarrn. Kleine Sünden werden mit großen getilgt. Ich esse einen Schweinebraten.
Jetzt noch die Tour zum Nachradeln.
Es ist verboten auf Forstwegen zu fahren, man darf nirgends mit der Drone fliegen, man soll nichts umschmeißen und du darfst mit dem Radl nicht im Wald fahren. Ja genau. Im Wald ist Fahrradfahren verboten. Generell. Das kannst du googlen, und dann siehst du: es kostet 730 Euro. Österreich ist Verbotsland. Und mir als Systemling macht das ordentlich zu schaffen. Der Österreicher gleicht das durch eine leicht erhöhte kriminelle Energie aus und dann geht's sich gleich aus. Und wenn ich schon am abkotzen bin. Was mich ganz damisch macht, das ist das Gespräch an der Camping Rezeption. Und alle gleich, als ob sie das in der Ausbildung zum Campingcapo lernen. Keine Reservierung? Wie? Na also, leider nein. Ich schau noch mal. Wie lang wollen Sie denn bleiben? Aha. Na, dann könnte ich was machen. DANN MACH. Noch nie habe ich mit dem Fahrrad kein Platzerl gekriegt. Aber ich sag halt brav: bitte bitte.
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