Mit dem e-bike und Zelt
durch Österreich im Sommer 2024

Tag 10 - Karnische Alpen Teil 3 - 25. August 2024

Reisen nach Italien: 4 Kinder quengeln auf der Rückbank des Audi 80. Tankgutscheine vom ADAC. Zwischenübernachtung noch vor dem Fernpass. Ein Geld vom Opa nur für Gelato. So war das als Kind, als wir zum Wandern nach Italien gefahren sind. Trentino und Südtirol. Ich mache heute den Klischee-Test.
 Heute gibt es nur einen Berg, aber auf schmalem Pfad durch die Karnischen Alpen. Es ist Sonntag, ich versuche trotzdem den Abstecher zum Alimentari, den kleinen Lädchen. Es ist geöffnet und ich erwerbe ein großes Stück Käse und Kekse. Es gibt hier alles. Ein kompletter Gemischtwarenladen. Sportgeräte, Spielzeug, Nippes und Devotionalien. Ich gehe bestens gelaunt aus dem Laden, weil die Signora so schöne Augen hatte. Klischeepunkte +3. 
Mein anvisierter Zeltplatz ist ausgebucht. Ich darf mein kleines Zelt nicht aufbauen. Das ist mir schon seit Jahren nicht mehr passiert. Ich finde, dass jeder Camping für Wanderer und Radler ein Stückchen Wiese bereit halten sollte. Aber ich finde 5km weiter einen Platz. Bin schon um 12:30 Uhr an der Rezeption, aber niemand ist da. Ich habe heute eher zu viel Zeit und warte. Um genau 13:00 kommt der Camping Capo und erklärt mir, dass die Rezeption um genau 13:00 schließt. Komme wieder um 15:00 Uhr. Klischeepunkte: +1.
   Es gibt nur Stehklos, kein Klopapier. Jeder Wasserhahn tropft oder lässt nur wenig Wasser durch. Der ganze Keramikbereich ist auf Selbstreinigung ausgelegt. Klischeepunkte: +3 .
Urlaub ist immer auch Nescafe Cappuccino Weniger Süß. Ich rühre das zu Hause nicht an. Ich habe auch so eine Schckimickisiebträgerdingens und den Habitus des Baristas. Aber wenn dieses Pulver mit dem schnell aufgeheiztem Wasser aus dem Gaskocher verrührt ist, entstehen Glücksgefühle. Absolute Urlaubsverklärung. Jetzt waren die letzten Krümmel verbraucht und ich finde in dem Alimentari genau diese Nescafe Version. Die Reise kann weitergehen.

Tag 11- Hochpustertal - 26. August 2024

Früh diesen sehr merkwürdigen Zeltplatz verlassen. Gestern hatte ich in Gesellschaft eines Dänen Pizza gegessen. Die siebt schlechteste Pizza meines langen Camperdaseins. Der Herr aus Dänemark hat aber eher wenig geredet. Aber man muss ja nicht. Das mit den Gerüchen im Powderroom habe ich noch nicht erzählt und lass es auch einfach. Ich kann auch der große Schweiger sein. 

Heute stehen nur 50 km und ein Berg auf dem Programm. In Innichen habe ich ein Fahrradgeschäft ergoogelt, um meine Vorräte an Bremsbelägen aufzufüllen. Die machen Mittagspause und vor 14:00 Uhr brauche ich da nicht aufkreuzen. Also gibt es einen Piknikmarathon in Alpenidyll. Als ich so vor mich hin piknikte, wurde es allmählich immer kälter und dunkler. Schnell gewetterappt: ich habe noch eine Viertelstunde bis zum Weltuntergang. Der Himmel ist schwarz und es grollt. Raus auf die Hauptstraße und einen Unterstand suchen. Bei einem Hoteleingang verkrieche ich mich und muss zwei Stunden ausharren. Dabei haben die sogenannten Wetterexperten eitlen Sonnenschein bis zum Rest aller Tage geunkt. Mit Weltuntergängen im Gebirge ist nicht zu scherzen.

   Ich bekomme vom sehr netten Fahrradhändler zwei Paar Bremsbeläge und warme Ratschläge. Ich soll nicht bei Temu und Amazon sicherheitsrelevante Sachen bestellen. Wegen den Chinesen. Ich gelobe Besserung. Als Verbraucher sind wir ja auch Konsumenten und haben damit auch eine Verantwortung. 

Innichen ist das Tourizentrum der Region. Es stehen zwei Barockkirchen im Ort. Der Rest und sämtliche Zwischenräume sind mit Alpenbeton gefüllt. Was bitte machen all diese vielen Menschen hier? Jeder Millionste sucht Bremsbeläge.
In Toblach gehe ich auf den Zeltplatz. Ich soll 30,50 Euro bezahlen und tue meinen Unmut kund. Der junge Mann in der Rezeption meint, dass sei im Hochpustertal so üblich. Ich frage nach Strom für meine Akkus und er verneint. Dann reiße ich ihm das Druckerkabel raus und stecke meine Ladelandschaft hier in seinem Büro an. Drohe ich ihm an. Das wäre bei mir so üblich. Er hat gelacht und ich darf hier seine heilige Steckdose mitbenutzen. Und ich weiß jetzt, in welchem Tal ich so kostenintensiv nächtige. 

Die Euros sind gut angelegt. Der Platz liegt an einem echt schönen See, so mit Panorama und Ufer. Das Restaurant meide ich wegen Pizzaallergie. Die Vibes auf der Zeltwiese sind deutlich besser und ich bastele das dritte Käsebrot des Tages. Hier sind meine Kollegen mit Rädern. Bestimmt 20 bunte Zelte auf der abschüssigen Wiese.

Tag 12 - Die Dolomiten - 27. August 2024

Das war kalt heute Nacht. Der Wetteronkel meint 8 Grad. Die Feuchte vom See tropft von der Zeltwand. Ich darf nicht zu schnell machen, denn in 6km ist das Lädchen, das mich für 2 Tage versorgen soll und das erst um 8:00 Uhr öffnet. Also gibt's ein extended Frühstück direkt am See. Ich hätte meine Heizsocken mitnehmen sollen. Die Füße wollen nicht warm werden. 

Ich will ins Zentrum der Dolomiten, ein Zeltplatz direkt unterhalb der berühmten drei Zinnen. Ich hatte mir feinste Waldwege ausbaldowert und mich auf eine schöne Tour gefreut. Mit der Schönheit, das ist so eine Sache. Aber wem sage ich das. Das hat sich halt rumgesprochen, dass man hier ein Panorama kriegt. Es ist eine Decathlon Prozession und alle Teilnehmer der Jack Wolfskin Flatrate sind hier zusammengekommen. Aber ich glaube, der Wurm des Anstoßes ist die Mädelsgruppe Genussradler aus Bottrop. Alles Vorkriegsmodelle jenseits des Verfalldatums, die auf ihren e-bikes mit einem Gackern an mir vorbeiziehen. Mit der maximalen elektrischen Unterstützungsstufe, die eine persönliche Beteiligung obsolet macht, fliegen sie vorbei an mir, dem ehrlichen Radler vor dem Herrn. 

Wie schon so oft steht am Camping Eingang das Schild: we are full. Trotzdem wage ich mich zur Rezeption und ohne Aufzuschauen sagt die Signora ihren Text. Als sie dann aufblickt, merken wir beide diesen Funken. Da muss man nichts aussprechen, was so offensichtlich ist. Auch wenn eine starke Frau ihre Prinzipien hat, gibt es doch das Gefühl für den Moment, in dem ganz andere Regeln gelten. Nach Sekunden der Stille heißt sie mich willkommen und ich darf mir ganz frei einen Platz aussuchen. 

Morgen will ich wandern. Einmal um diese drei Zinnen herum. Wahrscheinlich eine blöde Idee. Aber ich habe gerade keine andere. Das wird eine Volkswanderung. Der Zeltplatz ist so auf 1600 MH und das wird kalt. Vor allem morgen früh. Ich muss zur Auronzo Hütte hochradeln auf 2400 MH. Ich sollte auch mittags wieder ins Tal fahren, weil es momentan jeden Nachmittag gewittert. Heute hatte ich unverschämtes Glück. Gerade als das Zelt aufgebaut war, gab es wieder eine Stunde lang Gewitter. 

Das war sie, die Panoramatour auf Komoot.   

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