Tag 1 - Heim zu Muttern - durchs Heilbronner Unterland - 20. August 2018
Vor drei Wochen hatte ich diese fixe Idee: ich will auch eins. So ein Fahrrad, wie sie die Senioren alle haben. Ein e-bike. Dieses Derivat des elektrisch betriebenen Rollator. Ich will damit verreisen und Reisen soll ja bilden. Also alle diese Vorurteile gegenüber den Alte-Herren-Schleudern durch erlebte Fakten untermauern. Am Ende wollt ihr auch eins, so jung seid ihr auch nicht mehr.
Ich will mit dem Fahrrad nach Verona, ganz am Ende. Aber mit ein paar Schleifen über die hohen Berge. Drei Wochen durch die Alpen. Es war gar nicht so einfach mein Reiserad zu kaufen, denn ich wollte ein ganz bestimmtes. Wegen der Farbe. Curry. Zu meinem Schreck hatte ich festgestellt, dass das Model 2017 ausgelaufen ist und ich hatte dann eine E-Mail-Aktion an 100 Händler gestartet, ob noch irgendwer eines im Keller hat. Frechheit siegt und tatsächlich war noch eines übrig. Wenn die Ware knapp ist, setzen alle vernünftigen Überlegungen aus. Nur noch Haben Will. Vor 10 Tagen habe ich das Rad bei Frankfurt abgeholt und sitze seitdem am Computer und tüftele an meiner Reiseroute und an der Ausrüstung.
Ich will mit dem Fahrrad nach Verona, ganz am Ende. Aber mit ein paar Schleifen über die hohen Berge. Drei Wochen durch die Alpen. Es war gar nicht so einfach mein Reiserad zu kaufen, denn ich wollte ein ganz bestimmtes. Wegen der Farbe. Curry. Zu meinem Schreck hatte ich festgestellt, dass das Model 2017 ausgelaufen ist und ich hatte dann eine E-Mail-Aktion an 100 Händler gestartet, ob noch irgendwer eines im Keller hat. Frechheit siegt und tatsächlich war noch eines übrig. Wenn die Ware knapp ist, setzen alle vernünftigen Überlegungen aus. Nur noch Haben Will. Vor 10 Tagen habe ich das Rad bei Frankfurt abgeholt und sitze seitdem am Computer und tüftele an meiner Reiseroute und an der Ausrüstung.
Es geht in Heidelberg den Steigerweg hoch und dann ab auf den nächsten Feldweg. Bis Heilbronn bleibe ich auf schottrigen Wirtschaftswegen oder kleinen Wanderwegen. Keine einzige Straße mit Verkehr, das Land sieht ganz anders aus als von der Autobahn. Die erste Etappe führt mich obligatorisch nach Hause, zu den Eltern, zu dem guten Abendessen mit Angusrind und noch einmal ordentlichen Matratze.
Angela wird mich die nächsten drei Wochen begleiten. Ich habe sie mir nicht ausgesucht, aber sie wird mich ermahnen, wenn ich vom rechten Weg abkomme, sie kennt alle noch so kleinen Straßen und wird immer vorneweg fahren. Auf dem Motorrad konnte ich mir die Begleitung noch aussuchen. Für wenig Geld hätte man Helmut Kohl, Jogi Löw oder einfach einen Christian als Beifahrer wählen können. Jetzt, ich habe ja nichts gegen Angela. Aber wie soll ich sagen? Bei Frauen ist es halt so, dass nicht immer ganz selbstverständlich ist, welches Rechts und welches Links so ganz konkret gemeint ist.
Angela wird mich die nächsten drei Wochen begleiten. Ich habe sie mir nicht ausgesucht, aber sie wird mich ermahnen, wenn ich vom rechten Weg abkomme, sie kennt alle noch so kleinen Straßen und wird immer vorneweg fahren. Auf dem Motorrad konnte ich mir die Begleitung noch aussuchen. Für wenig Geld hätte man Helmut Kohl, Jogi Löw oder einfach einen Christian als Beifahrer wählen können. Jetzt, ich habe ja nichts gegen Angela. Aber wie soll ich sagen? Bei Frauen ist es halt so, dass nicht immer ganz selbstverständlich ist, welches Rechts und welches Links so ganz konkret gemeint ist.
Ich habe schon wieder einen Platten. Erster Tag, und schon wieder der Adrenalinschub. Denn ich weiß noch nicht, wie man an das Hinterrad kommt. Wie die Nabenschaltung abzuklemmen ist, wie man die Achse löst mit der speziellen Diebstahlsicherung. Hier gibt es ein Spezialwerkzeug, das wie ein Schlüssel fungiert, um die Achse zu lösen. Das soll davor schützen, dass beim Rad die teure Rohloff-Schaltung gestohlen wird. Und wann habe ich zuletzt einen Schlauch geflickt? Letztes Jahr ist mir das mit dem Motorrad passiert und war auf fremde Hilfe angewiesen. Beim Rad ist es am Ende nicht so kompliziert. Nicht einmal Reifenheber brauche ich bei dem weiten und weichen Mantel. Das Loch ist schnell gefunden, denn ein großer Dorn steckt seitlich im Mantel. Und das mit dem eigentlichen Flicken hat sich wohl seit 50 Jahren nicht geändert: aufrauen, Vulkanisierflüssigkeit auftragen, warten, und dann den Flicken auf den Schlauch reiben. Richtig Sport ist dann wieder das Aufpumpen: kleine Pumpe und dicker Reifen.
Ich habe zu viel Gepäck. Die Taschen sind rappelvoll, es geht alles rein, aber es ist zu eng. In Heilbronn bei den Eltern muss der Plastikteller bleiben und die kleine Actioncam, die sowieso nur verwackelte Bilder auf dem Fahrrad macht, und eine einzige Radlerhose muss auch reichen. Es hat ja schon auch Vorteile, wenn man alleine reist. Es muss mich auch nur ich selber ertragen und riechen.
Tag 2 - über die schwäbische Alp - 21. August 2018
Nach Luxusfrühstück und mit dem berühmten großen mütterlichen Carepaket geht es in die Löwensteinerberge. Das ist alles noch bekanntes Terrain von jugendlichen Fahrradausflügen her, der Bleichsee mit meinen ersten und einzigen Versuchen auf Schlittschuhen. Die kleinen Hänge für die Schlittenfahrten. Die schwäbische Alp kündigt sich mit sehr steilen Anfahrten an. Oben angekommen ist es wiederum sehr flach. Angela führt mich weiterhin auf kleinen Wegen durch die Landschaft und es stellt sich dann natürlich die Frage, warum ich unbedingt nach Italien will, wo es doch hier so schön ist. Aber andersherum, wenn man drei Wochen durch die deutschen Landen getingelt wäre, könnte man sich genauso fragen, warum man nicht gleich nach bella italia gezockelt ist. Das Ziel ist der Weg. Der Schotterweg, der Wirtschaftsweg, der Feldweg. Nur nicht Wanderweg. Es heißt single-trail, sonst bist du alt wie pornoheft.
Nach 6 Stunden strampeln bin ich in Geislingen angekommen. Gut müde in den Beinen, brauche ich kein Nachtprogramm im Örtchen. Der Campingplatz ist basic, also perfekt. Wenig los, eine einzige Dusche mit 1-Euro-falls-du-Warmduscher. Es gibt eine Aufgabe für mich mehr als bisher beim Campen: ich brauche Strom. Es gibt hier keine Rezeption, bei der ich fragen könnte. Niemand scheint sich um den Platz zu kümmern. Ich stecke meine beiden Akkulader im Bad ein und werde nach etwa drei Stunden noch den dritten Akku aufladen, den ich heute auf den letzten 10 Kilometern gebraucht habe.
Mit der Wäsche habe ich auch feste gute Vorsätze: jeden Tag waschen. Der wasserfeste Schlafsackbeutel geht mit der Dreckwäsche in die Dusche und bekommt auch etwas von dem kostbaren warmen Wasser. Und für das bisschen Klamotten habe ich noch eine maßgeschneiderte Wäscheleine am Fahrrad. System-Camping mit viel Struktur und Leine.
Mit der Wäsche habe ich auch feste gute Vorsätze: jeden Tag waschen. Der wasserfeste Schlafsackbeutel geht mit der Dreckwäsche in die Dusche und bekommt auch etwas von dem kostbaren warmen Wasser. Und für das bisschen Klamotten habe ich noch eine maßgeschneiderte Wäscheleine am Fahrrad. System-Camping mit viel Struktur und Leine.
Tag 3 - über Ulm immer an der Iller entlang - 22. August 2018
Geislingen heißt mit Nachnamen an der Steige. Also geht es hoch wieder auf so ein Hochplateau der Alp. Um 7:00 Uhr bin ich schon auf dem Rad und mit der Morgensonne sieht die Landschaft zauberhaft aus. Angela macht richtig gute Arbeit. Sie lotst mich auf kleinsten Wegen und Gässchen, bis direkt vor mir das Ulmer Münster steht. Als ob es keine Hauptverkehrsstraßen gäbe. Premiumnavigation. Sahnehäubchen der Pfadfinderinnen. First-class-routing. Vor der Kultur noch ein Fischbrötchen von den Markständen rund um das Gotteshaus. Riesig ist es, monumental und bestimmt ist das hier alles richtig alt. Wenn man bedenkt, damals. Wenn ihr da mal in der Gegend seid, unbedingt.
Ich habe ein Minimaleur mit dem Fahrradständer. Die Plastikkappe am Ende des Fahrradständers hat sich zersetzt und ich suche in Ulm einen Fahrradhändler. Aber denkst du. Nach dem dritten gebe ich auf. Das Fahrrad wird nicht in Einzelteilen verkauft. Nicht mal eine Schlauchschelle zur Reparatur bekomme ich.
Ulm ist ein richtig nettes Städtchen, im Fischerviertel gibt es kleine Kanäle mit mittelalterlichem Gemäuer.
Ulm ist ein richtig nettes Städtchen, im Fischerviertel gibt es kleine Kanäle mit mittelalterlichem Gemäuer.
In Ulm fließt die Iller in die Donau. Während der Donauradweg ein Mekka der Radtouristen ist, kann man an der Iller recht einsam vor sich hin strampeln. Die nächsten 50 km geht es auf Deichwegen, alten Alleen oder kleinen Pfaden durch die Flussauen. Überall könnte man sich in das Wasser schmeißen, aber ich suche so lange bis ich ein Schattenplätzchen finde. Es sind 35 Grad und da lege ich mich nicht in die Sonne. Ich bin seit Ulm durch keine Ortschaft gekommen und der Zeltplatz liegt einsam am Flüsschen. Kulinarisch habe ich mich verzockt, hier gibt es gar nichts. Nur Bier. Also noch zwei gekochte Eier aus Heidelberg und ein paar Nüsse. Sonst bin ich blank, für die üblichen Hamster ist einfach kein Platz gewesen in meinen Fahrradtaschen.