Tag 0 - der Tag vorher
Jetzt geht es wieder los. Aber eines müsst ihr gleich wissen. Vorfreude und endlich Urlaub, so ist das nicht. Weil am Anfang kann ja noch alles schief gehen. Zuallerst dieses Ding mit der Bahn. Will sie oder kann sie nicht? 4-mal Umsteigen und gleich die Warnmeldung, dass der Gotthardtunnel gesperrt ist. Und dann noch die Beine. Die lieben Knie. Wollen tun sie, aber das ist eh klar. Schließlich das mit dem Wetter. Wo gestern noch die Überschwemmungen waren, ist jetzt die große Hitze orakelt worden. Am Abend vor der Reise kippt die Stimmung weg von der Anspannung hin zum Fatalismus. Damit lässt sich bestens einschlafen.
Tag 1 - Mit dem Zug nach Grenoble - 17. August 2023
Es geht mit dem Zug nach Grenoble und dann mit dem Fahrrad nach Süden.
Zugfahren mit dem Velo ist harte Arbeit. 5-mal das Fahrradabteil finden. Es ist immer ganz vorne bei der Lok. Es sei denn, es ist ganz hinten. Warum müssen diese superschnellen Züge eigentlich solche Hühnerleitern haben, auf denen ich mit echter Anstrengung mein Radl hochquetsche. Aber der eigentliche Stress entsteht, wenn der Zug es sich gemütlich macht in irgendeinem Niemandsland. Dann wird gerechnet. Ich habe 12 Minuten zum Umsteigen und so viel sollte der Zug jetzt nicht auf der Wiese bleiben. Ich bin heute ein Glückskind und werde pünktlich um 14:00 Uhr in Grenoble auf die Piste geschickt.
Zugfahren mit dem Velo ist harte Arbeit. 5-mal das Fahrradabteil finden. Es ist immer ganz vorne bei der Lok. Es sei denn, es ist ganz hinten. Warum müssen diese superschnellen Züge eigentlich solche Hühnerleitern haben, auf denen ich mit echter Anstrengung mein Radl hochquetsche. Aber der eigentliche Stress entsteht, wenn der Zug es sich gemütlich macht in irgendeinem Niemandsland. Dann wird gerechnet. Ich habe 12 Minuten zum Umsteigen und so viel sollte der Zug jetzt nicht auf der Wiese bleiben. Ich bin heute ein Glückskind und werde pünktlich um 14:00 Uhr in Grenoble auf die Piste geschickt.
Jetzt muss ich ganz dringend meine Wasservorräte auffüllen. Es ist total heiß, irgendwo lese ich von 37 Grad. Ich habe den Wasserspender schon in googles Streetview ausgespäht, weil er vor echt schönen Grafittis steht. Ich mache meine 3 Liter voll und die reichen dann für den Aufstieg zum Camping.
Der Zeltplatz in 900 m Höhe ist ein toller Einstieg in die Reise. Es ist viel angenehmer als im heißen Grenoble. Ich bin sofort im Campingmodus. Zuerst eine Steckdose finden für die Fahrradakkus und meine Spielzeuge. Dann Zelt. Dann Isomatte aufplustern. Dann Schlafsack ausschütteln. Ich brauch nämlich gleich die Hülle, der sogenannte Schlafsacksack. In der Dusche kommt dann die völlig durchgeschwitzte Klamotage in diese Hülle. Heisses Duschwasser und etwas Shampoo. Braucht man nicht gleich den Vollwaschgang. Und worauf ich mich heute Abend am meisten freue: hier gibts einen Grill und eine Burger Manufaktur. Und ein Bier wird dann mein Frischeluftkoma einläuten.
Der Zeltplatz in 900 m Höhe ist ein toller Einstieg in die Reise. Es ist viel angenehmer als im heißen Grenoble. Ich bin sofort im Campingmodus. Zuerst eine Steckdose finden für die Fahrradakkus und meine Spielzeuge. Dann Zelt. Dann Isomatte aufplustern. Dann Schlafsack ausschütteln. Ich brauch nämlich gleich die Hülle, der sogenannte Schlafsacksack. In der Dusche kommt dann die völlig durchgeschwitzte Klamotage in diese Hülle. Heisses Duschwasser und etwas Shampoo. Braucht man nicht gleich den Vollwaschgang. Und worauf ich mich heute Abend am meisten freue: hier gibts einen Grill und eine Burger Manufaktur. Und ein Bier wird dann mein Frischeluftkoma einläuten.
Die Anfahrt
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erster Camping in Les trois Pucelles
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Tag 2 - Vom Vercors nach Drome - 18. August 2023
Wo geht’s jetzt eigentlich hin. Ich lasse mich wohl überraschen. Nein also ja doch selbstverständlich: für jeden Tag gibt’s einen Plan und eine Route auf Komoot. Mit Jokertagen, für schlechtes Wetter. Für schlappe Beine. Nur habe ich das letztes Jahr ausgetüftelt und aufgeschrieben. Jetzt habe ich keine Ahnung mehr, was auf mich zukommt. Das ist jetzt eine geführte Tour und ich tappele meinem Herbst-Ich hinterher. Klar wer auf die Mütze kriegt, wenn es mal rumpelt auf der Strecke oder dümpelt im Gemüt.
Die Gesamtstrecke auf Komoot gibts hier.
Die Gesamtstrecke auf Komoot gibts hier.
Es geht direkt südwärts und rechts gibt’s die tolle Skyline des Vercors zu bestaunen. Auf dem Rückweg geht's da mitten durch. Ich war da schon mal mit dem Moped. Es gibt dort die tollsten Straßen in den steilen Berghängen. Und es ist touristisch underperformt. Auf meiner aktuellen Straße summiert sich der Tourismus aufgerundet auf null. Und selber ist man ja kein Touri. Es ist echt niedliche Gegend hier. Richtig spektakulär war die Überquerung des Ebros. Eine kleine Brücke über die steile Schlucht.
Ich hatte heute etwas Bedenken, dass ich zu lange auf großen Straßen unterwegs bin. Die Sträßchen sind allerdings nahezu unbefahren. Alle 20 min kommt etwas entgegen. Es ist richtig dünn besiedelte Gegend hier. Frankreich hat einfach mehr Gegend. Eigentlich ist hier überall Gegend. Eine Gegend neben der anderen. Richtig gut gemacht hier.
Ich hatte heute etwas Bedenken, dass ich zu lange auf großen Straßen unterwegs bin. Die Sträßchen sind allerdings nahezu unbefahren. Alle 20 min kommt etwas entgegen. Es ist richtig dünn besiedelte Gegend hier. Frankreich hat einfach mehr Gegend. Eigentlich ist hier überall Gegend. Eine Gegend neben der anderen. Richtig gut gemacht hier.
Der einzige zivilisatorische Höhepunkt des Tages ist das mittelalterliche Mens. Und der erste Cappuccino. Obwohl mit Sprühsahne muss ein bisschen foodporn erlaubt sein. Es geht nicht um den Geschmack und nicht um das Optische, sondern um das Gefühl.
Wie doof von mir. Ich habe einen Schuh verloren. Und ich war so stolz, wie ich das Paar mit dem neuen elastischen Band hinten festgezurrt habe. Jetzt habe ich nur noch Sandalen. Der verbliebene Schuh lag ganz locker auf dem Gepäckträger. Das kann nicht so lange her gewesen sein. Also beschließe ich die letzten 7km auf Schotter zurück zu fahren.
Beim Verlieren bin ich fast immer auch ein Glückskind, und die Dinge finden den Weg zurück zu mir. Auch diesmal, nach ein paar Kilometer sehe ich den Schuh, wie er ganz betröppelt mitten auf dem Weg liegt. Ich verspreche ihm, dass ich jetzt ganz tolle auf ihn aufpassen werde.
Das Schuhdesaster hatte ich an einem kleinen Bergflüßchen mit Planschgelegenheit. Eigentlich der ideale Siesta Platz. Aber da waren jetzt eben schlechte vibes und ich radele in sengender Hitze weiter. Glücklicher Besitzer von einem festen Paar Schuhe.
Heute Abend bin ich ziemlich angenervt: zum einen der Camping, der das Doppelte kostet und ich in der Campingkneipe nicht bedient werde, da ich nicht reserviert habe. Ich bin ein Mann, ein weißer älterer Herr, EU-Bürger, privatversichert. Da werde ich doch irgendwelche Privilegien haben. Pusteblume.
Aber das eigentliche Problematom ist Frau F... . Sie hatte mir die Zugtickets verkauft. Oder besser gesagt, ich habe sie ihr Stück für Stück abgerungen. Wenn ich euch heute die ganze Story erzähle, komme ich wieder so in Wallung, dass ich nicht mehr einschlafen kann. 6-mal musste ich zum Schalter im Heidelberger Hauptbahnhof pilgern, bis ich die Tickets für meine Reise hatte. Und jetzt muss ich Trottel feststellen, dass die Fahrradreservierungen für die Rückfahrt fehlen. Wenn wie meistens ausgebucht ist, komme ich nicht in den Zug. Gut dass ich Email Kontakt mit der Dame hatte. Jetzt soll sie sich was einfallen lassen. Ich werde berichten.
Wegen akutem Nahrungsmittelmangel pilgere ich schmollend ins Örtchen, dessen Name ich wie üblich nicht kenne. In einem schönen Restaurant gibt es gemischten Provenceteller: Dönerfleisch mit Fritten. Alles lecker.
Heute Abend bin ich ziemlich angenervt: zum einen der Camping, der das Doppelte kostet und ich in der Campingkneipe nicht bedient werde, da ich nicht reserviert habe. Ich bin ein Mann, ein weißer älterer Herr, EU-Bürger, privatversichert. Da werde ich doch irgendwelche Privilegien haben. Pusteblume.
Aber das eigentliche Problematom ist Frau F... . Sie hatte mir die Zugtickets verkauft. Oder besser gesagt, ich habe sie ihr Stück für Stück abgerungen. Wenn ich euch heute die ganze Story erzähle, komme ich wieder so in Wallung, dass ich nicht mehr einschlafen kann. 6-mal musste ich zum Schalter im Heidelberger Hauptbahnhof pilgern, bis ich die Tickets für meine Reise hatte. Und jetzt muss ich Trottel feststellen, dass die Fahrradreservierungen für die Rückfahrt fehlen. Wenn wie meistens ausgebucht ist, komme ich nicht in den Zug. Gut dass ich Email Kontakt mit der Dame hatte. Jetzt soll sie sich was einfallen lassen. Ich werde berichten.
Wegen akutem Nahrungsmittelmangel pilgere ich schmollend ins Örtchen, dessen Name ich wie üblich nicht kenne. In einem schönen Restaurant gibt es gemischten Provenceteller: Dönerfleisch mit Fritten. Alles lecker.
Tag 3 - Rosans - 19. August 2023
Heute wird es lang und es wird hoch und runter gehen. Da ich versucht habe, die allerkleinsten Sträßchen oder Schotterwege zu nehmen, ergibt sich es dann, dass ich auch durch keine größeren Ortschaften komme. Will sagen: eine fettige Chorizo und zwei Packungen Erdnüsse müssen bis heute Abend ausreichen. Käse würde den Tag nicht überleben. Und Wasser will ich an jeder Möglichkeit auffüllen. Die zwei Flaschen sollten bei 37 Grad besser nicht leer werden.
Die Pässe hoch überholen mich die Franzosen mit ihren schnellen Rennrädern und fast jeder macht eine nette Bemerkung zu meinem Schwerlastverkehr. Ich nehme an, dass es nett ist. Ich verstehe ja nichts. Chapeau, courage.. Gut dass ich in einer anderen Gewichtsklasse unterwegs bin. Da fällt mein allgemeines Schneckentempo nicht so auf. Mein linkes Knie ist doch etwas malad und ich will es nicht überlasten. Ich hatte es im Frühjahr mal bei kalter Luft übertrieben, und jetzt versuche ich es mit solchen Knielingen. Momentan sind es aber eher Kniebräter.
Unterwegs auf dem Rad
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Das Tomatenbrot
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Händewaschen
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Der Col de Pommerol hat meinem Knie heute den Rest gegeben. Gerade bin ich oben und hocke im Schatten. Die Landschaft war grandios, aber jetzt freue ich mich, dass es einfach nur noch bergab geht nach Rosans in den Camping.
Zuerst in den kleinen Proxi, dann in den Camping. Sieht ziemlich ausgestorben aus. Für 5 Euro darf ich hier übernachten. Das Restaurant hat schon lange dicht gemacht. Deswegen schlurfe ich nochmal zum Proxi, um Pate, Salat, ein Kaltgetränk und statt Brot Käsestangen zu holen. Dieses edle Mal gibt’s vor den Duschhäuschen, da diese Schatten als unique selling point anbieten.
Morgen schaffe ich dasselbe Program nicht. Das Knie zwickt, es soll noch heißer werden bis 39 Grad und es geht runter ins Tal. Ich plane erstmal um und meide die hohen Pässe und steilen Schotterwege.
Zuerst in den kleinen Proxi, dann in den Camping. Sieht ziemlich ausgestorben aus. Für 5 Euro darf ich hier übernachten. Das Restaurant hat schon lange dicht gemacht. Deswegen schlurfe ich nochmal zum Proxi, um Pate, Salat, ein Kaltgetränk und statt Brot Käsestangen zu holen. Dieses edle Mal gibt’s vor den Duschhäuschen, da diese Schatten als unique selling point anbieten.
Morgen schaffe ich dasselbe Program nicht. Das Knie zwickt, es soll noch heißer werden bis 39 Grad und es geht runter ins Tal. Ich plane erstmal um und meide die hohen Pässe und steilen Schotterwege.
Tag 4 - Zu viel Hitze und zu wenig Knie - 20. August 2023
Ich bin auf der Etappe Richtung Sisteron. Leider gibt das linke Knie Alarmsignale. Es wird nicht besser, jeden Tag zwickt es mehr. Meistens wird es durch lange Aufstiege ausgelöst. Leider, leider: ich breche ab. Ich habe es mit den Knielingen probiert, mit Schmerzmittel, mit ganz langsamem Fahren. Leider hat nichts gewirkt.
Jetzt sitze ich mitten in der Pampa und versuche die Rückreise zu organisieren. Ab Sisteron gibt es Verbindungen über Marseille und Paris. No velo.
Ich muss zuerst nach Grenoble. Der südliche Zug von Grenoble aus endet in Veynes Devoluy. Da muss ich heute hin. Die 60km habe ich vor 12:00 Uhr geschafft. Es wird heute 39 Grad werden. Die große Frage ist nun, ob im Zug Fahrradplätze frei sind Richtung Heidelberg.
Jetzt sitze ich mitten in der Pampa und versuche die Rückreise zu organisieren. Ab Sisteron gibt es Verbindungen über Marseille und Paris. No velo.
Ich muss zuerst nach Grenoble. Der südliche Zug von Grenoble aus endet in Veynes Devoluy. Da muss ich heute hin. Die 60km habe ich vor 12:00 Uhr geschafft. Es wird heute 39 Grad werden. Die große Frage ist nun, ob im Zug Fahrradplätze frei sind Richtung Heidelberg.
Angekommen in Grenoble mit einem Bummelbähnchen durch die Berge. Ich hatte gehofft, hier am Schalter Tickets kaufen zu können. Aber die Franzosen machen nicht mit, wenn es um den internationalen Fahrradticketverkauf geht. Ich kaufe am Automaten bis Genf. Ich lade die Schweizer Bahn App runter, erstelle einen account und kaufe bis schweizerisch Basel. Von da gibt es einen direkten Zug nach Heidelberg, den ich weder über die schweizer noch die deutsche App buchen kann. Man kann prinzipiell keine grenzüberschreitenden Züge fürs Fahrrad per App buchen. Ich lasse eine Lücke und buche ab deutschem badischen Baselbahnhof. Das ist dann ein rein deutscher Zug und ich bekomme das Ticket für das Fahrrad. Für 3 von 4 Zügen habe ich dann eine dieser notwendigen Reservierungen. Beim vierten bleibt hoffen oder drängeln.
In Grenoble hängt die Hitze drin. Abends um 22:00 Uhr sind es noch 31 Grad. Ich lege zum Schlafen die Isomatte vor das Zelt und kann die Sterne zählen.
Es ist eigentlich ganz gut, dass es zwei Gründe gibt, dass ich nach Hause muss: das Knie und die Hitze. Ich muss wohl in Zukunft spontaner meine Reiseziel wählen und dem Wetterbericht eben anpassen.
Nächstes Jahr wird das aufgeholt und drangehängt und länger verreist. Bis dahin ein frohes Schwitzen, ein Danke fürs Mitradeln und ein Servus.
In Grenoble hängt die Hitze drin. Abends um 22:00 Uhr sind es noch 31 Grad. Ich lege zum Schlafen die Isomatte vor das Zelt und kann die Sterne zählen.
Es ist eigentlich ganz gut, dass es zwei Gründe gibt, dass ich nach Hause muss: das Knie und die Hitze. Ich muss wohl in Zukunft spontaner meine Reiseziel wählen und dem Wetterbericht eben anpassen.
Nächstes Jahr wird das aufgeholt und drangehängt und länger verreist. Bis dahin ein frohes Schwitzen, ein Danke fürs Mitradeln und ein Servus.