Mit dem e-bike und Zelt
durch Österreich im Sommer 2024
Das selbstbestimmte Reisen ist ein völlig sinnfrei überhöhtes Ideal. Du
meinst es besser zu wissen, wo es am schönsten ist, wo die Sonne immer
lacht und du für den Euro die größte Pizza kriegst. Du drehst den Globus und sagst stopp: da will ich hin.
Aber
wenn es nun anders kommt, du beim Wandern die Blasen kriegst und das
Apres in den Regen fällt. Dann bist du schuld, weil du es so gewollt
hast. Die Bahn hat sich meiner angenommen und gesagt, sie habe
Österreich im Angebot. Schweiz, Frankreich, Italien nicht so. Alles
Baustelle. Kein Durchkommen mit dem Radl.
Salzburg.
Da war ich schon. Habe ich gesagt. Dann kannst du auch zu Hause
bleiben, sagt die Deutsche Bahn. Das hattest du noch nicht. Sommer zu Hause. Ganz neue
Erfahrung. Großes Abenteuer. Also gut: ich fahre nach Salzburg.
Ich
bin wohl eher der Typ, den man zum Glück zwingen muss. Der Beruf als
Fotograf hat sich so ergeben. Man scheitert woanders und dann wird man
Fotograf. Wenn meine Mutter mir die Frauen rausgesucht hätte, wäre ich
heute wohl verheiratet.
Ich tüftele das ganze Jahr an meiner Fahrradroute für den Sommer, Vorfreude absoluter Inbegriff. Aber der Tag davor kommt die Sinnfrage. Und die Frage, was diesmal alles schief läuft. Die Bahnfahrt, die Hitze, die Schulter und das liebe Knie.
Ich bin froh, dass der Zug früh morgens abfährt und ich bin trotzdem viel zu früh am Bahnsteig.
Die Umstiegszeiten habe mit mindestens 30min gewählt, so dass es diesmal die Bahn nicht vermasselt.
Die Sonne empfängt mich in Salzburg in feuchter Schwüle. Ich habe noch 2-3 Stunden bis zum Gewitter. Die 30km zum Mondsee müsste ich bis dahin schaffen. Es soll allerdings 3 Tage lang Gewitter geben. Vielleicht noch kurz baden im See.
Es ist nicht so viel passiert. Ich bin gut gelandet am Mondsee in einem propevollen Campingplatz. Der See heißt so, weil er so kalt ist. Eine Runde Plantschen zum Mütchen kühlen.
Den ganzen Tag überlege ich mir, was ich im Wirtshaus bestellen werde. Vorfreude quasi Wiedergeburt. Die Wirtschaft ist völlig überfüllt. Da war um die Ecke noch ein Käse-Oliven-Brot Stand. Und damit bewaffnet wandere ich zur einzigen Bank am Strand. Premium Essen im Alpenpanorama. Die 30km von Salzburg zum Mondsee auf Komoot:
Und jetzt geht's hoch in die Berge. Heute kenne ich die Strecke noch und kann mich auf steile Piste hoch auf die Almen freuen.
Bei einer Landkarte werden in der Legende die Straßen- und Wegtypen klassifiziert.
Unausgesprochen, aber um so offensichtlicher beschreiben die Österreicher landschaftlich besonders schöne Strecken, in dem sie Verbots- und Gefahrenhinweise vor den Straßen platzieren. Ist so.
Die Zeltnachbarn halten akoholgetränkte Monologe zur unchristlichen Stunde, so dass ich in mein lateinischen Privatsilentium flüchte, sprich Ohropax. Und deswegen habe ich das Unwetter heute Nacht einfach weggemurmelt. Heute Morgen sind tiefe Pfützen um das Zelt. Und die Sonne geht über dem Mondsee auf. Es geht am Ufer entlang. Die alte Bahnstrecke wird im Tunnel zum überdachten Fahrradweg. Weil das mit das coolste ist, was Österreich zu bieten hat, fahre ich den Tunnel noch mal hin- und her.
Ich bin zum See runter geradelt. Es donnert schon. Aber ich habe Hunger und nicht schon wieder Käsebrot mit Oliven. Ich bestelle Ausseer Saiblingsfilet mit Petersilerdäpfel. Ich werde sehen, wie das ausschaut.
Ich weiß nicht so genau, wie die Landschaft hier so heißt und auch nicht, wo es genau hingeht. Das hat die Reiseleitung im Winter ausgedingst. Also fragt nicht, wo und wie es heißt. Hier könnt ihr selber schauen, was ich vor Monaten meinte im Sommer leisten zu müssen.
Und ich habe doch geschaut. Es heißt hier Salzkammergut. Und das ist die Route auf Komoot .
Ich habe 20km vermatschten Schotterweg zum Obersee. Der Bäcker schläft noch. Aber ich habe ja Käsebrot. Um 9:00 Uhr geht die Fähre über den See und zu dieser Zeit ist Hallstatt erträglich. Weil schön ist es schon.
Es geht in einem engem Tal zur Schutzhütte Koppental. Ich bin Sonntag Mittag der einzige Gast. Da die Wetter-Apps Gewitterwarnungen herausgeben, ist niemand unterwegs. So erzählt mir das der Wirt. An meinem Apfelstrudel wird er auch nicht reich.
Es gibt dieses eine Tal, das man nicht betreten darf. Weil es da so steht. Ich will es aber probieren.
Die kriminelle Energie in mir sagt, dass ich das zu den Randzeiten des Tages tun sollte. Nicht am Sonntag Mittag. Aber ich bin da ganz nah dran und das drohende Gewitter ist noch nicht in Sicht.
Dieses FAHRRAD VERBOTEN Schild ist nur für sehr schlichte Gemüter eine klare Botschaft. Reell betrachtet ist dieses runde Blechschild die Inkarnation der subtextuellen Metaphorik. Beispielsweise und ganz offensichtlich ist hier ein Hinweis darauf, dass man hier ganz gut mit dem Fahrrad durchkommen würde.
Und wäre so eine mit Steuermitteln gepimpte Botschaft überhaupt notwendig, wenn da nicht ein gewisses Begehren existieren würde? Also landschaftlich reizvoll dürfte es auch sein. Offensichtlich ist das Verbot als solches, ich meine ganzheitlich betrachtet, eine versicherungstechnische Angelegenheit. Ich beuge mich den Argumenten, entbinde alle Erziehungsberechtigten der Verantwortung, senke den Blick zur Kontrolle der Reifenprofils und lasse die Landschaft an mir vorüberziehen.
Bin trocken auf einem Zeltplatz angekommen. Kein Gewitter, kein Regen. Akkus laden, Wäsche von den Katzen machen.
Und schaut, das war heute. Ganz schön Programm in der Steiermark. So heißt es hier. Nur zur Info und der Vollständigkeit: die Route auf Komoot