Tag 7 - Meran - 26. August 2018
Morgens tropft es noch von den Bäumen auf das Zeltdach, aber der strahlend blaue Himmel gibt Versprechungen ab. Auf dem Camping gibt es viele Radler mit Zelten, da hier doch einige Fernradwege durchgehen. Ich habe mein Plätzchen ganz am Rand, eine Zone der Duldung. Wegen meines e-Dopings, weil ich ein Sitzmöbel transportiere und nicht standesgemäß auf dem Boden sitze und mein Kaffee aus dem Instantbeutel kommt.
Schnell noch Wäsche machen, und dann zu Fuß ins Städle. Der Zeltplatz liegt sehr zentral und in 10 Minuten sitze ich bei Cappuccino in der Sonne. Meran ist ein mondänes Städtchen mit alten Arkaden, Palmen, und fein und vornehm geputzten Damen. Die Berge drumherum haben heute morgen Zuckerguss. Die Promenade oberhalb Merans heißt der Tappeiner Weg und da bummele ich heute hoch.
Ich habe keinen Rucksack dabei und stiefele nur mit der Knipse los. Ich werde doch mal drei Stunden ohne Nahrungsaufnahme auskommen. Aber die Versuchungen und Verlockungen am Wegesrand sind übermächtig und ich werde schwach bei Brennnessel-Knödel mit Butterschaum und Parmesan, und eine Zitronenmelisse mit Holunder. Alles Bio und fast alles vom eigenen Garten. Ich kann eben auch schweinlos.
Über Meran und genauso hier auf dieser Webseite thront oben das Schloss Tirol. Dieses Schloss ist Sinnbild für die Landeseinheit im Bewußtsein der Tiroler, jenseits der politischen Grenzen. Klar gibt es Nostalgiker und jede Menge Spinner, die sich ein wiedervereinigtes Tirol von Nord und Süd wünschen. Aber man kann nicht immer die Geschichte zurückdrehen, nicht alles wieder vereinigen, was irgendwann einmal zusammengehörte. Da müßte ich ja die Manuela aus der zweiten Klasse wieder kontaktieren, und die war damals schon eher eine Notlösung.
Tag 8 - auf die Pfandleralm - 27. August 2018
Der zweite Tag in Meran und auch der soll nicht so anstrengend werden. Es geht auf die Pfandleralm, zuerst 20 km im Flusstal und dann knackig 1000 m in die Höhe. Wieder so eine Klischeebombe und ich habe sie für euch getestet: der Kaiserschmarren. Ist extrem lecker. Das liegt aber auch an dem Belohnungsprinzip, dass man eben die Höhe radeln muss für den Puderzucker. So eine Alm ist schon eine feine Sache und hier haben sie es ausgesprochen gut gemacht mit Selbstbedienung und frisch gemachten Gerichten. Und es auch nicht einmal teurer als es hier in Meran wäre. Man müßte mal e-bike-Weitwanderwege von Alm zu Alm entwickeln. Hier oben stehen ausschließlich diese Fahrräder mit Unterstützung, im Tal sind die normalen Räder noch deutlich in der Mehrzahl.
Nach dem Mittagsschläfchen auf dem Zeltplatz bin ich noch mal ins Städele hinein, bevor es morgen weiter in die höheren Berge der Schweiz geht.
Die Wandelhalle hat es mir besonders angetan mit ihrer schmiedeiseneren Komstruktion. Man könnte hier wunder bar einen Film drehen um 1900. Vor 100 Jahren mussten hier die Kurgäste antreten und frische Molke drinken und jetzt kommts: sie durften nicht sitzen, sondern sie mußten wandeln. Deswegen Wandelhalle. Glaubt es, laßt es oder googelt es. Ich habe recht!
Tag 9 - Müstair -28. August 2018
Um 9:00 Uhr abends ist es schon stockdunkel und um 6:00 Uhr morgens beginnt es zu dämmern. Ich halte mich fest an diese Zeiten, mache noch morgens im Schlafsack meine Büroarbeit und beantworte Emails, weil es ja ein Leben nach dem Urlaub gibt. Es ist morgens eisig kalt und schon deswegen trete ich etwas stärker in die Pedale, um etwas Wärme zu produzieren. Angela kennt sich in Meran überhaupt nicht aus und so brauche ich einheimische Hilfe und schiebe das Rad schließlich eine Böschung zur Schnellstraße hoch. Angela ist dann so frei und leitet mich auf den Fahrradweg durchs Vinschgau hoch. Dieser Fahrradweg ist mehr eine Fahrradautobahn. Gleichmäßig und auf Asphalt geht es immer das Tal hoch durch keinerlei Ortschaft. Man sieht diese unglaublichen Obstplantagen, die jeden Quadratmeter des Talbodens ausnutzen. Angela wird das zu langweilig und schickt mich auf einen Pfad, wo irgendwann es so steil heruntergeht, dass ich die fast so blöde Alternative wähle, umzudrehen. Ein Kraftakt, die 60 Kilo am Berg zu drehen.
Es gibt sie noch, die pittoresken Orte mit historischem Kern. Glurns liegt auf meinem Weg und gibt einen Eindruck, wie schön das hier vor 100 Jahren aussah.
Von Glurns sind es noch 15 km zu meinem Ziel, das Dorf Müstair. Das liegt schon in der Schweiz. Die Grenzschilder erinnern etwas an den Obstladen auf dem Weg: Selbsbedienung bei den Zollformalitäten.
In Müstair bin ich wegen der Frau Mama: Das musst du dir anschauen, die Kirche, das Kloster, Weltkulturerbe. Es ist jetzt nicht so, dass ich darüber nachgedacht habe, sondern es ist klar, dass ich das anschauen werde. Die Phasen des Widerspruchs sind lange zurück, ich habe auch den Goethe gelesen und den Mozart angehört. Aber diese Bildung und die Kultur und die Kunst, wie soll ich sagen, sie haften nicht. Ich kann euch jetzt erzählen, dass das Kloster schon 800 n.C erbaut wurde und es waren Bendiktiner. Mehr nicht. Weil das war natürlich ein Kommen und Gehen in diesem Kloster. Und Romantik, etwas Gotik und dann noch der barocke Altar. Dicke Bücher gibt es nur über diese Klosteranlage. Und nun die große Frage: muss man sich das anschauen? Entweder Jein oder vielleicht. Ich bin da in meiner Prinzipienbildung noch nicht weit genug fortgeschritten.
Ich sitze im Dunkeln im Zelt und esse Kekse und freue mich auf die morgige Tour besonders. Ich habe eine Strecke, die es nicht auf meiner Fahrradapp gibt und nicht auf googlemaps. Aber auf streetview gab es einige Ausschnitte, die großartig aussahen und ich bin sehr gespannt, ob ich da durch komme.
Ich sitze im Dunkeln im Zelt und esse Kekse und freue mich auf die morgige Tour besonders. Ich habe eine Strecke, die es nicht auf meiner Fahrradapp gibt und nicht auf googlemaps. Aber auf streetview gab es einige Ausschnitte, die großartig aussahen und ich bin sehr gespannt, ob ich da durch komme.